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Politik - Villach
Hintergrund
Szenen die wir bald in Villach haben? Luca Kerbl führt die Demonstration an. Der Student will polarisieren und aufrütteln:
Szenen die wir bald in Villach haben? Luca Kerbl führt die Demonstration an. Der Student will polarisieren und aufrütteln: "Wir sind eine Bewegung die auf die Straße geht!" © Privat / KK

Villachs Identitäre formieren sich

„Wir sind keine Kellernazis“

Villach – Stammtische der „Identitären“ in Villach sind keine Seltenheit mehr. Wo man sich trifft, wird nach außen hin geheim gehalten. Gleichgesinnte besprechen und planen hier neue Protestaktionen, tauschen sich aus und philosophieren über einen „identitären“ Weg für Österreich. Kritiker, Historiker und der Verfassungsschutz stellen fest: Identitäre sind rechtsextrem und NS-nahe. 5 Minuten gibt euch einen Einblick in eine Bewegung, die mit ihren Aktionen für Wirbel sorgt.

 8 Minuten Lesezeit (1070 Wörter) | Änderung am 27.11.2016 - 16.55 Uhr

Luca Kerbl ist 25 Jahre alt, Student aus Graz und einer der führenden Identitären. Er reist genau dann in Kärnten an, wenn es bei der Bewegung zur Sache geht. Der Angriff auf den Uni-Rektor in Klagenfurt mit einer Protestaktion während einer Vorlesung zum Thema „Integration“ ist nur eine Aktion die Kerbl federführend umgesetzt hat (hier die Nachlese!). Aber auch in Villach fassen die Identitären, die sich selbst als „Patrioten“ bezeichnen, immer mehr Fuß. Kürzlich berichteten wir über die Aktion der Bewegung bei der Aufführung eines Elfriede Jelinek Stücks der Neuen Bühne Villach, hier war Kerbl ebenso mittendrin (hier der Rückblick). „Wir haben in Villach über 20 aktive Personen in unserer Bewegung“, freut sich der Student und „österreichweit sind wir schon über 800 Identitäre“.

Aber was wollen die Identitären?

„Grundsätzlich wollen wir einen transparenten Zugang zu unserer Bewegung anbieten,“ erklärt uns Kerbl, den wir im Villacher Brauhof bei einem Villacher Bier und Röstknödel mit Ei treffen. Der Steirer und Ex-FPÖ-Funktionär gibt sich offen, kommunikativ, scherzhaft aber auch mit vehementer Rethorik wenn es um Themen wie Flüchtlinge oder auch Aussagen von Politikern der “GRÜNEN” geht. „Wir sind eine Nichtregierungsorganisation die sich für die Patrioten im Land einsetzt, aber im europäischen Kontext denkt,“ erklärt er. Die identitären Forderungen sind laut Kerbl: “Der Stopp der Massenzuwanderung, die Förderung der Leitkultur, eine kinderfreundliche Politik und die Stärkung der patriotischen Solidarität.”

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Kerbl an der Grenze

Kerbl an der Grenze - © KK

Feindbild „Die Grünen“?

„Eine Bewegung wie unsere muss gehört werden, und das wird sie immer mehr. Wir wollen Dinge wie die Aussagen der Kärntner GRÜNE-Clubobfrau Barbara Lesjak so nicht im Raum stehen lassen. Die Forderung nach mehr Zuwanderung ist ja völlig absurd argumentiert. In diesem Fall Seitens der GRÜNEN nicht mal mehr mit dem bisherigen Multikulti-Blödsinn, sondern mit der Aussage, dass die jungen Flüchtlinge die dann super integriert sein werden, unsere Pensionen zahlen sollen. Eine Rechnung die niemals aufgehen kann,“ meint Kerbl. Für die GRÜNEN findet der Identitäre klare Worte: „Ich sehe die GRÜNEN als die größten Heuchler von Österreich, wenn nicht sogar von Europa“.

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Bombendrohung bei Grazer-Stammtisch

Wir wollten wissen, warum die Identitären einerseits Transparenz sowie Offenheit predigen und andererseits ihre Stammtische nicht mit einem offiziellen Ort und Zeitpunkt ausschreiben? „Den Wirten, die mit uns zusammenarbeiten wurde in der Vergangenheit vielfach Angst gemacht. Bombendrohungen wie bei einem Wirt in Graz, wollen wir den Gastronomen ersparen,“ hält der Identitäre fest. „Daher folgt an Interessierte die Info über Ort und Zeit via Facebook oder E-Mail“. Kerbl selbst wurde aus eigenem Interesse zum Identitären. „Ich wurde an der Uni von Bekannten angesprochen, habe in Graz den Gründungsstammtisch besucht und bin damit seit 2012 dabei. Viele neue Interessenten kommen aktuell über Facebook zu uns“. Warum wollten wir wissen? „Der stärkste Grund zu uns zu kommen, ist das patriotische Empfinden,“ meint der Student.

Lehnen Ideologien wie Nationalsozialismus ab

„Wir lehnen die Ideologien wie den Faschismus, Kommunismus oder den Nationalsozialismus klar ab! Wir sind keine Art Kellernazis und wir bekämpfen Tendenzen wie diese auch von Anfang an. Wer das nicht akzeptiert, ist nicht mehr dabei“. Aber warum dann eine Beobachtung von Seiten des Verfassungsschutzes in Österreich stattfindet erklärt der Obersteierer wie folgt: „Wir sind froh, wenn wir mit Argusaugen vom Staat und dem Verfassungsschutz überwacht werden und dann nie irgendetwas festgestellt wird.“ Nichts desto trotz, das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes attestiert der Bewegung “die ganz alte Rechte Szene, in nur neuer Aufmachung”. Es scheint man will sich hipp, cool und jung geben – Springerstiefel und Glatzen sind hier Fehlanzeige. Auch das Innenministerium stuft die Identitären als rechtsextrem ein und stellt fest: “Die Distanzierung vom Neonazismus in öffentlichen Statements ist als taktisches Manöver zu werten, da sich in den Reihen der Bewegungseliten amtsbekannte Neonazis befinden und Kontakte in andere rechtsextremistische Szenebereiche bestehen.”

„Wir bekennen Farbe!“

Die Bewegung ist laut Kerbl von „sehr jungen Anhängern“ geprägt, um die 20 Jahre sei das Durchschnittsalter eines Identitären. „Wir verleihen unseren Aktionen Ausdruck, in dem wir auf die Straße gehen!“ und „es gibt für uns auch keinen Grund sich zu vermummen. Wenn wir Aktionen machen, stehen wir dafür ein und bekennen Farbe“. Für die Uni Aktion in Klagenfurt steht für Kerbl vermutlich auch rechtlich einiges auf dem Spiel. Rechtliche Konsequenzen aufgrund von Verhetzung, Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Störung einer Versammlung und Herabwürdigung religiöser Lehren könnten für ihn im Raum stehen. „Ob für Klagenfurt wirklich eine Anklage kommt, weiß ich nicht. Nötigung, Sachbeschädigung, Körperverletzung, da stehen mehrere Vorwürfe im Raum,“ meint er, denn „wir polarisieren mit Aktionen wie diesen. Tafeln-Aufstellen, Transparente Aufhängen oder wo wir Menschen direkt konfrontieren“.

Wie soll das Flüchtlingsproblem gelöst werden?

Der Volkswirtschafts-, Betriebswirtschafts- und Philosophie-Student findet auch klare Worte: „Vor Ort sollen Zentren nach moralischen Standards aufgebaut werden. Auffanglager, die vor Ort die Leute behalten, damit sie nicht den Anreiz verspüren nach Europa zu kommen. Und die Krisenregionen sollen stabilisiert werden, soweit es geht. Mit der Hilfe vor Ort reißt man die Menschen auch nicht aus ihrem kulturellen Gefüge heraus.  Hier bei uns müssen sie sich einfügen und das funktioniert gelinde gesagt ja gar nicht.“ Kerbls Angst: „Wenn wir die Menschen herauflassen, sie einsickern in unser Land, das kostet uns viel mehr Geld als die Hilfe vor Ort.“ Auf die Frage, ob ihm das Flüchtlingsthema menschlich nahe geht, antwortete Kerbl: “Ich war auch an der Grenze und habe mir das angeschaut“. Aber, er habe dies als „schrecklich empfunden“, da er gesehen habe „welche Auswirkungen das auf Österreich haben wird. Und das Österreich in dieser Dimension nie wieder so sein wird wie es war.“

Die Nähe zur FPÖ

Auf ein Naheverhältnis zur FPÖ und der bevorstehenden Bundespräsidenten-Stichwahl meint Kerbl: „Es gibt mit der FPÖ immer wieder Themenüberschneidungen, aber wir haben eine andere Form wie wir Politik machen. Wir wollen nicht in ein Parlament, wir haben unsere Aktionsform an der Tür, auf der Straße oder mit Demonstrationen.“ Auf eine Wahlempfehlung angesprochen meint er: „Jeder der patriotisch wählen will, hat ein klares Angebot!“.