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Mittel gegen Leerstand?

Einkaufs­zentren nur mehr in Ortskernen?

Kärnten – Immer mehr Geschäftsflächen stehen leer – sowohl in Klagenfurt und Villach als auch in den Bezirksstädten sowie im jeweiligen Umland. Den Grund dafür sieht die Wirtschaftkammer u.a. in Abwanderung und missglückter Raumplanung. „Das muss sich rasch ändern“, fordert WK-Präsident Jürgen Mandl. Dieser will EKZ-Standorte grundsätzlich nur mehr in zentralen Orten. Bevorzugt Orts- und Stadtkernen.

 7 Minuten Lesezeit (857 Wörter) | Änderung am 31.08.2018 - 15.30 Uhr

Kärnten ist das einzige österreichische Bundesland, in dem die Einwohnerzahl stagniert bzw. langfristig sogar rückläufig ist. Dabei wächst der Zentralraum Klagenfurt-Villach, während die Regionen vergreisen und die Besiedlung abnimmt. „Dieser Prozess verursacht, dass uns in den nächsten zehn Jahren etwa 30.000 Fachkräfte und 17.000 Akademiker fehlen werden. Dadurch wären die regionale Wirtschaftsleistung, der Wohlstand und die sozialen Sicherungssysteme akut gefährdet“, prognostiziert WK-Präsident Jürgen Mandl in einer Aussendung. Ein problematisches Raumordnungsgesetz verschärft diese Thematik nochmals – so die Wirtschaftskammer. Denn die identitätsprägenden Ortszentren leeren sich und wo die Einwohner fehlen, verschwinden auch die Handelsflächen im Zentrum.

Künftig sollten – so der Wunsch der Wirtschaftskammer – Orts- und Stadtzentren nicht nur in Ober- und Mittel-, sondern auch in Unterzentren – wie zum Beispiel Ferlach, St. Andrä und Eberndorf – eingerichtet werden können. WK-Präsident Mandl ist sicher, dass es mit diesem Vorschlag zu einer Liberalisierung und Vereinfachung des Raumordnungsgesetzes kommt: „Es gibt klare Spielregeln für die Gemeinden – künftig nur mehr Einkaufszentren in Ortskernen.“ Für die Zukunft Kärntens ist eine neue Raumordnung entscheidend. „Attraktivere Ortskerne reduzieren die Abwanderung, locken mehr Unternehmer und somit auch mehr Fachkräfte an. Funktionierende regionale Zentren sind eine Voraussetzung, um Kärnten als Wirtschafts- und vor allem als Lebensstandort zu stärken“, meint Jürgen Mandl.

Am Beispiel Klagenfurt will die Wirtschaftksammer das Problem verdeutlichen: Die Einkaufsfläche der Klagenfurter Innenstadt, einschließlich des Einkaufszentrums (EKZ) „City Arkaden“ beläuft sich auf ca. 95.000 m². Im Vergleich dazu kommen die Einkaufsmärkte entlang der Völkermarkter Straße auf knapp 150.000 m² Verkaufsfläche. Der Großteil davon bietet Waren und Dienstleistungen an, die auch in der Innenstadt Platz fänden und keinen geräumigen Kofferraum erfordern.

In Klagenfurt regelt das Stadtentwicklungskonzept die Verteilung der nutzbaren Flächen.

ÖVP-Stadtrat Markus Geiger zur Situation in Klagenfurt

“Wir sind auch gegen eine weitere Ausweitung der Einkaufszentren in der Peripherie. Wobei wir im letzten Stadtentwicklungskonzept schon Ortskernzentren beschlossen haben. Wie z.B. der innere Bereich Viktring, im Bereich Wölfnitz sowie in der Völkermarkter Straße. Und natürlich auch eine Stärkung bestehender Strukturen. Wobei man natürlich schauen muss, dass besonders die Innenstadt gestärkt wird und kein Wildwuchs entsteht. Darum wurden bereits eindeutige Ortsteilzenten definiert. Und auch definiert was dort stattfinden soll. Man sollte sich auch überlegen, EKZ-Flächen am Standrand umzunutzen – z.B. dank der Entwicklung zu Wohnflächen. Es gibt Gebiete, wo man gewerbliche Lagerhaltung betreiben könnte.

In Klagenfurt gibt es aber Probleme mit den Nahversorgern. Diese sind oft schlecht verteilt. In manchen Gebieten gibt es im näheren Umkreis überhaupt keine Lebensmittelhändler mehr.”

In Villach gibt es einen Widmungsstopp am Stadtrand. Dieser wurde im Herbst 2016 im Rahmen eines Kraftpaketes für Villachs Innenstadt beschlossen. Dort sorgte aber zuletzt die Ansiedlung eines “Dehner” für Kritik. Dieser sei aber nicht “altstadtrelevant”.

ÖVP-Stadtrat und Gewerbereferent Christian Pober zur Situation in Villach

„Der Vorstoß von WK-Präsident Jürgen Mandl ist jedenfalls zu unterstützen! Einkaufszentren in Stadtkernen sind sicher gute zusätzliche Frequenzbringer. In Villach hat die Volkspartei mit ihrem Marktkonzept einen Vorschlag für einen neuen „Super-Markt“ statt Supermarkt zur Diskussion gestellt. Hier wäre ein Frequenzbringer mit regionalen Nahrungsmitteln ein zusätzliches Tagesangebot. Das Projekt der Draupassagen, welches leider gescheitert ist, wäre ein gutes Angebot gewesen. Jetzt setze ich viel Hoffnung in das „Thomasser Haus“ Projekt, welches für unsere Innenstadt sehr wichtig wäre!“

Wer trägt die Schuld?

Gerhard Genser, Leiter der Stabstelle Wirtschaftspolitik in der Wirtschaftskammer Kärnten, meint die Gründe dieser Entwicklung ausgemacht zu haben: „Die Ursachen dafür sind vielfältig und vielschichtig. Doch der Hauptgrund ist, dass die Bürgermeister, Gemeinderäte, aber auch die Landesplanung und Landespolitik seit Jahrzehnten nichts dagegen unternehmen, sich dem Druck der Handelskonzerne beugen und EKZ I- und EKZ II-Widmungen zulassen. So entstehen die Einkaufstempel auf günstigstem Bauland in billigsten Bauten und mit einem Übermaß an kostenlosen Parkplätzen. Dabei macht die Handelsfläche selbst nur einen Bruchteil des immensen Bodenverbrauchs dieser Ketten aus. Das Gros entfällt auf ihre endlosen Parkplatzwüsten.“

Dieser Konkurrenz vermögen der innerstädtische Handel und der letzte dörfliche Nahversorger kaum etwas entgegen zu setzen. Das sieht auch der Wiener Stadtplaner und Fachpublizist Reinhard Seiß so, der derzeit seinen „Blick von außen“ auf Klagenfurt im Architektur Haus Kärnten ausstellt, und wundert sich: „Es ist erstaunlich, dass vielen Kärntnerinnen und Kärntnern der Aufenthalt in den hässlichsten Zonen ihres als so schön empfundenen Landes ein zeitgemäßes Einkaufserlebnis beschert.“

Wirtschaftskammer will EKZ nur mehr in Ortskernen

Das Konzept der Wirtschaftskammer Kärnten für neue EKZ-Regelungen, das bereits der Regierung übermittelt wurde, sieht vor, dass EKZ-Standorte grundsätzlich nur mehr in zentralen Orten, und dort vor allem in Orts- und Stadtkernen genehmigt werden. Außerhalb der Orts- und Stadtkerne sollen EKZ-Sonderwidmungen stark bis völlig eingeschränkt werden. Dies sei, laut Wirtschaftkammer, notwendig, da das geltende raumordnungsrechtliche Instrumentarium nicht ausreichen soll, um dem Druck privater Umwidmungswerber, Grundbesitzer, Projektentwickler und Handelsketten dauerhaft standzuhalten.

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