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Leben - Villach
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Erinnern an eine dunkle Zeit

Als Menschen in “Plus” und “Minus” unterteilt wurden

St. Jakob i.R. – Im Jahr 2014 wurden am Anthropologischen Institut in Wien durch Zufall 3.200 Akten von Menschen aus der Gemeinde St. Jakob im Rosental gefunden. Nationsozialisten führten nach "rassekundlichen Kriterien" Vermessungsaktionen an der Bevölkerung durch. 80 Jahre lang sprach niemand darüber, der Fund gilt als Sensation. In St. Jakob im Rosental gibt es dazu eine Ausstellung, ORF 2 widmet dem Thema am Sonntag einen Bericht im Magazin "Heimat Fremde Heimat". Im März erinnerte der slowenische Kulturverein vor dem Pfarramt daran.

 2 Minuten Lesezeit (329 Wörter)

In den Akten waren Fotos sowie Vermessungsbögen, in denen die Ergebnisse der pseudowissenschaftlich-rassistischen Vermessungsaktion, die im Sommer 1938 in der Gemeinde von den Nationalsozialisten durchgeführt wurde, enthalten. Der Fund war unter Historikerinnen, Historikern und auch unter der Bevölkerung eine Sensation, denn in den vergangenen 80 Jahren wurde darüber nicht gesprochen.

Aus dieser Entdeckung heraus entstand die Ausstellung “Vermessungsamt – Geodetski urad” in St. Jakob im Rosental. Ende September fand die Ausstellungseröffnung statt. Sie kann noch bis 10. Dezember im Kino Janach (Rosental Str. 80, St. Jakob) besucht werden. Am Sonntag, 14. Oktober, berichtet ORF 2 um 13.30 Uhr darüber.

Hintergrund

Im Sommer 1938, kurz nach dem „Anschluss“, wurden rund 3.200 Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger der „gemischtsprachigen Gemeinde“ St. Jakob im Rosental „rassenkundlich“ untersucht – das waren in etwa achtzig Prozent der Bevölkerung.

Micka Mischkulnik schreibt in ihren Lebenserinnerungen: „Ich weiß nicht genau – wahrscheinlich war das im Herbst 1938, als alle Gemeindebürger, Jung und Alt, in das Dorfgasthaus gehen mussten, wo einige Herren unsere Nasen vermaßen, die Augenfarbe bestimmten, Köpfe und Schädel vermaßen und feststellten, zu welcher Rasse beziehungsweise Kategorie man gehörte, ob man ein ‚nordischer‘, ‚dinarischer‘, ‚ostischer‘ oder ein anderer Typ war. Welchen Zweck das hatte, ist mir nicht bekannt. Vielleicht suchte man unter uns Juden oder war dies schon die erste Vorbereitung auf die Aussiedelung in die Ukraine.“

Auf jeden Fall ging es den Rassenkundlern darum, jeden Bürger und jede Bürgerin der Gemeinde in „plus“ (arisch) und „minus“ (nicht arisch) einzuteilen. Mit der Ausstellung, die einen Bogen von diesem (vermessenen) Rassenwahn über den heutigen Rassismus bis hin zum „perfekten“ beziehungsweise „gläsernen“ Menschen spannen will, erfolgt gleichzeitig die symbolische Rückführung dieses sehr persönlichen „Materials“ nach St. Jakob/Šentjakob.

Aktion im März

Der slowenische Kulturverein führte im März eine Erinnerungsaktion vor dem Pfarramt St. Jakob dazu durch. Vielleicht erinnert ihr euch noch an die blökenden Holzschafe – wir berichteten.

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