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Wirtschaft - Villach
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Zehn Minuten vor Arbeitsbeginn:

Standard-Aussage: “Sorry, aber beim Nichtstun bekomme ich genug Geld!”

Villach – Mitarbeiter sind schwer zu finden. Auch für Stellen, die keine spezifische Ausbildungen erfordern. Davon können viele Unternehmer ein Lied singen. Ein sehr frustrierendes.

 6 Minuten Lesezeit (838 Wörter) | Änderung am 25.10.2019 - 14.55 Uhr

Wir sprachen über das Thema mit Sanida Weinzierl vom “Kärntner Personal Service” und Ferdinand Hassler von “Personal Service Hassler”. Beide sind seit über einem Jahrzehnt in der Arbeitsvermittlung und Arbeitskräfteüberlassung tätig.  “Motivierte Mitarbeiter zu finden, war noch nie so schwierig wie im heurigen Jahr.” Mit dieser Meinung ist sie längst nicht alleine. Gerade Branchen wie Gastronomie und Handel suchen händeringend nach Personal. “Fachkräftemangel gibt es ohnehin, das ist kein Geheimnis. Aber mittlerweile zieht sich der Mitarbeitermangel durch alle Branchen”, so die KPS-Geschäftsführerin.

Einer von 30 Bewerbern möchte arbeiten

“Ich möchte in erster Linie hervorheben, dass ich viele Mitarbeiter habe, die wirklich gerne und fleißig arbeiten. Aber dann gibt es noch die andere Seite”, so Weinzierl, “aus 30 Bewerbern auf eine Stelle kristallisiert sich ein Mitarbeiter, eine Mitarbeiterin heraus, der oder die wirklich die neue Arbeitsstelle antreten möchte.” Ansonsten bekommen wir bei den restlichen 29  Bewerben telefonische Rückmeldungen wie beispielsweise: “Bin gerade im Urlaub. Mein Auto springt nicht an. Mein Fuß tut weh oder und das ist die häufigste bereits Standard-Meldung: Ich bekomme vom AMS genug Geld, wieso soll ich da für ein paar Hunderter mehr arbeiten gehen?” Die beiden sprechen im Interview mit 5 Minuten offen an, was sich viele vielleicht auch denken: Irgendetwas Grundsätzliches stimmt da nicht. Natürlich sind solche Aussagen nicht die Norm, aber kommen im Vergleich zu früher immer häufiger vor. 

Deswegen sagen Bewerber ab:

Aber es gibt natürlich auch verständliche Gründe, die wirklich dazu führen können, dass ein Bewerber eine Stelle absagen muss. Beispielsweise weil die notwendige Mobilität fehlt, sie besitzen kein Auto, um zum Arbeitsplatz zu kommen. Fehlende Sprachkenntnisse, die für sich ungeeigneten Arbeitszeiten oder fehlende Kinderbetreuung – das alles führt zu Absagen.

Aber: Viele erklären auch, dass es zu wenig Lohn gäbe: “Ein Beispiel: Das AMS zahlt circa 900,- Euro, 1.340,- Euro Lohn sind dann zu wenig, weil Fahrkosten und Abnützung des Autos die Differenz auffressen”, erklärt Hassler. Dazu kommt, die meisten wünschen keine Mehrarbeit, keine Schichtarbeit und möchten keine Samstagsarbeit leisten. Eine schwierige Lage für Dienstgeber und Arbeitsvermittler.

Zusammenfassend:

  • Fehlende Mobilität, kein KFZ
  • Fehlende Sprachkenntnisse
  • Fehlende Kinderbetreuung
  • Zu wenig Lohn – AMS “zahlt” genug
  • Fehlende Flexibilität: Keine Mehrarbeit, keine Schichtarbeit und keine Samstagsarbeit

“Kommen einfach nicht zum Dienstantritt!”

Am schlimmsten ist, wenn sich Mitarbeiter zehn Minuten vor Dienstantritt melden: “Habe nachgedacht, sorry, aber beim Nichtstun bekomme ich genauso Geld!” oder “Habe eine bessere Arbeit gefunden.” Einige erscheinen trotz unterschriebenen Dienstvertrages einfach nicht bei der Dienststelle und sind telefonisch nicht erreichbar. Das bedeutet für die Unternehmer einen enormen organisatorischen Mehraufwand. Aber nicht nur das: “Dann häuft sich, dass viele Mitarbeiter Vorschüsse verlangen. Die Begründungen lauten, dass kein Essen für die Kinder vorhanden wäre über der Kühlschrank sei leer  bis hin zu der Exekutor steht vor der Tür. Werden die Forderungen nicht erfüllt, folgen nicht selten wüste Beschimpfungen gegenüber den Dienstgebern”, erzählen Sanida Weinzierl und Ferdinand Hassler.

Theorie gut – in der Praxis schlecht

Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis besteht darin, dass es  theoretisch viele Menschen gibt, die Arbeit suchen, die Praxis zeigt aber, dass nur ein Bruchteil dieser Personen für einen geregelten Arbeitsprozess geeignet ist, wie die genannten Beispiele klar aufzeigen.”Zusätzlich gibt es noch permanente Arbeitsverweigerer die alle gesetzlichen und ungesetzlichen Möglichkeiten ausnutzen um sich der Arbeitsaufnahme zu entziehen”, so die beiden Unternehmer kritisch. Dabei spiele es keine Rolle, ob zusätzlich zum Gehalt auch noch ein Auto, Tankkarte oder andere Benefits angeboten werden. Manche kommen zum Gespräch und wollen lediglich die Bestätigung für das AMS abholen.

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Geschäftsführerin Sanida Vikic spricht über ihren Arbeitsalltag. Kaum vorstellbar, welche Gründe Bewerber nennen um nicht bei der Arbeit erscheinen zu müssen. 

Geschäftsführerin Sanida Vikic spricht über ihren Arbeitsalltag. Kaum vorstellbar, welche Gründe Bewerber nennen um nicht bei der Arbeit erscheinen zu müssen.  - © Itsapic-Photography/ Aleksandar Sapic

“Im Vergleich zu den letzten Jahren, kann ich ein Umdenken in der Gesellschaft beobachten. Viele möchten mehr Freizeit bei hohem Gehalt. Nicht abends, nachts oder am Wochenende arbeiten. Natürlich ist das verständlich”,  erklärt Sanida Weinzierl, “aber, was sollen diejenigen Unternehmer und deren Mitarbeiter dazu sagen, die selbst bis in die Nacht arbeiten, Arbeitsplätze ermöglichen und sich solche Aussagen von Bewerbern ständig anhören müssen?” Eine Lösung sehen die beiden Unternehmer in weiterer Folge nur in einer grundlegenden Änderung des sozialen Systems. Ansonsten wird die Lage rund um die Mitarbeitersuche angespannt bleiben.

Deswegen stellen Dienstgeber Mitarbeiter zurück

  • Keine Motivation & hohe Fehlerhäufigkeit
  • Unpünktlichkeit,  keine Verlässlichkeit (Kommt zu spät, geht früher, hält Vereinbarungen nicht ein)
  • Viele Ausfallzeiten (Krankheit, Auto kaputt, kein Geld für Treibstoff, Todesfall in der Familie)
  • Fehlende Flexibilität (Schichtwechsel, Überstunden)
  • Fehlender Respekt (ständige Konfrontation mit dem Vorgesetzten)
  • Hausordnung wird nicht eingehalten