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Wirtschaft - Klagenfurt
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"Vertrag lässt wesentliche Fragen offen"

Porr muss Investor für Hallenbad-„Zusatzzuckerln“ finden

Klagenfurt – Seit der Klagenfurter Gemeinderat im Februar dieses Jahres beschlossen hat, beim Bau des neuen Hallenbades einen sogenannten Innovationspartner ins Boot zu holen, sind mehr als acht Monate vergangen.

 9 Minuten Lesezeit (1198 Wörter)

Von Franz Miklautz. Ende Oktober wurde der Partner dann präsentiert: Die Stadt will gemeinsam mit dem Bauriesen Porr das neue Bad errichten. Das wurde vom Gemeinderat am 29. Oktober abgesegnet. Kostenpunkt: 42 Millionen Euro. Wunschdatum für die Fertigstellung: 2024. Doch das scheint fraglich.

Baurecht nicht beziffert

Vage sind auch wesentliche Punkte in dem mit der Porr abgeschlossenen Innovationspartner-Vertrag, der 5 Minuten im Entwurf vorliegt. So ist nicht nur unklar, woher die 42 Millionen genau kommen sollen, auch das Baurecht, das die Stadt der Porr für die Hallenbad-Liegenschaft einräumen will, ist in den Unterlagen nicht quantifiziert. „Das wird jetzt alles erst verhandelt“, sagt die Stadt auf Nachfrage. Beim Baurecht überlässt die Stadt der Porr auf 50 Jahre die Liegenschaft für die Bebauung. Nach dieser Zeit ist das Bauwerk auf Wunsch der Stadt abzutragen oder geht in ihren Besitz über. 

Wem gehört Hallenbad?

Geht man strikt nach dem oben abgebildeten Vertragspassus, wäre nicht auszuschließen, dass das neue Hallenbad der Porr gehört. Denn „die Bauwerke“ gehen erst nach den erwähnten 50 Jahren „entschädigungslos in das Eigentum“ der Stadt über. Doch die bremst – zumindest etappenweise: „In den Bereichen, in denen die Stadt selbst Finanzmittel investiert, wird sie Eigentümerin sein.“ Klarer formuliert es Stadtrat Markus Geiger (ÖVP): „Wer´s bezahlt, dem gehört´s.“ Das Baurecht würde demnach mit den finanziellen Mitteln, die die Stadt und die Stadtwerke Klagenfurt (STW) aufbringen können, gegengerechnet.

Porr in der Pflicht, Investor für „Zuckerlbauten“ zu bringen

In einem Punkt jedoch wird die Stadt deutlich: Wenn es um den Investor für die sogenannten Add-Ons geht. Dabei handelt es sich quasi um Erweiterungsbauten außerhalb des eigentlichen Badebetriebs –  sozusagen Zusatzzuckerln, die die Attraktivität des Hallenbads erhöhen sollen. Etwa ein Hotel. Hier verpflichtet der Vertrag die Porr, einen oder mehrere Investoren zu bringen. Allerdings kann die Stadt die Frage, ob sie einen von der Porr vorgeschlagenen Investor ablehnen kann, beispielsweise weil dieser schon andere wichtige Infrastruktureinrichtungen wie etwa den Flughafen befehligt, nicht beantworten. Zudem werden auch die Add-Ons im Vertrag nur schemenhaft angerissen: So ist etwa die Rede von „einem Bundessportleistungszentrum mit Schwerpunkt Triathlon […], der Etablierung von oder die Zusammenarbeit mit dem Sportinstitut der Alpe-Adria-Universität, Tourismuszentrum (Kärnten Werbung etc) Mobilitätsknotenpunkt der Stadt, Parkraum inklusive Bewirtschaftung […]“. 5 Minuten übernimmt die Passagen genau so wie sie im Vertragsentwurf stehen, also auch mit Fehlern. 

Stadt will 50-Meter-Becken vom Bund co-sponsern lassen

Für die 42 Millionen Euro bekommt die Stadt das sogenannte Nukleus-Bad – oder wie es im Vertrag heißt: Das „Sport- und Vitalbad Klagenfurt“. Es besteht aus einem 50-Meter-Sportbecken (25 Meter breit), Familienbad mit Kinderbereich, Sauna- und Wellness-Areal, Fitnesscenter und Gastronomiebetrieb. Im Vertrag ist vorgesehen, dass das Projekt so entwickelt wird, „dass […] die Voraussetzungen für die Erlangung von Bundesfördermittel zur Förderung […] eines 50-Meter-Sportbeckens geschaffen werden“. Soll heißen, dass Stadt und STW wohl auf Drittmittel des Bundes angewiesen sind. Im Frühjahr war bekannt geworden, dass die STW maximal 16 Millionen Euro zum Bau des Bades beitragen könnten – und auch die nur per Kreditaufnahme. Das belegten damals brisante Aufsichtsrats-Dokumente.

„Auslieferung an strategischen Partner“

Die Opposition lässt an den 42 Millionen Euro Gesamtkosten kein gutes Haar: „Wir haben uns  gerade die im Bau befindliche Therme Lindau in Deutschland angesehen. Die kostet nur 35 Millionen Euro, spielt aber alle Stückeln“, kritisiert etwa Vizebürgermeister Wolfgang Germ (FPÖ) die Hallenbad-Kosten. Auf den Einwand, dass Lindau über kein 50-Meter-, sondern nur kleiner dimensionierte Becken verfüge, kontert Germ, dass die Differenz auf ein größeres Becken wohl keine sieben Millionen Euro ausmachen würde und Lindau im Unterschied zu Klagenfurt auch Außenpools anbiete. Aus seiner Sicht werde es außerdem „nicht bei den 42 Millionen bleiben, sondern sich das Gesamtvorhaben massiv verteuern“. Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ) hingegen zog bei einer diesbezüglichen Pressekonferenz die 42 Millionen als Obergrenze ein. Auf die Frage, ob bereits dafür Gelder von Investoren nötig sein würden, sagte sie: „Nein! Das Nukleus-Bad wird ausschließlich aus öffentlichen Mitteln bestritten.“

Der kürzlich von der FPÖ zum Team Kärnten gewechselte Stadtrat Christian Scheider schwört die Stadt auf zähe Gespräche ein: „Die Porr ist ein beinharter Verhandler.“ Obwohl die Grünen für die Innovationspartnerschaft gestimmt haben, schert die bekannt kritische Grün-Mandatarin Evelyn Schmid-Tarmann aus: „Um so ein ,Leuchtturmprojekt’ wie das Hallenbad stemmen zu können, liefert sich die Stadt einem strategischen Partner aus, der dann auf stadteigenem Grund mit derzeit unbekannten Add-Ons Profit machen will.“ 

Fünf Phasen

Das Hallenbadprojekt ist in fünf Phasen gegliedert, in denen eine Vielzahl von Subprojekten stattfinden. 5 Minuten listet einige davon auf: In der sogenannten Vorphase (4 Monate) wird ein Leistungsbild erstellt, das die Porr zu erfüllen hat. In der Phase 1 (sechs bis neun Monate) werden unter anderem das Finanzierungskonzept und eine Machbarkeitsstudie erarbeitet. In der Phase 2 (sechs bis neun Monate) soll etwa ein Architekturwettbewerb stattfinden, auch das Konzept über die Förderungen soll dann stehen. Die Phasen 3 und 4 betreffen Umsetzung (29 Monate) und Betrieb des Bades. Für letzteren kommen die STW in Frage – müssen sie aber nicht: Denn auch Drittanbieter wären für das Führen des Bades möglich.

„Scheidungs-Szenarien“

Genauer wird es im Vertrag, wenn es darum geht, dass die Stadt das Projekt mit der Porr wider Erwarten doch nicht durchzieht und vorzeitig aussteigt. Dann sind stufenweise Abschlagszahlungen zu leisten. Zieht sie in Phase 1 einen Schlussstrich, berappt sie 750.000 Euro. 250.000 davon bezahlt sie gleich am Anfang der Phase; 250.000 während und 250.000 nach Abschluss der Phase 1. Für den Fall der Scheidung in der Phase 2 wären schon 1,1 Millionen Euro hinzublättern. Davon zahlt die Stadt 350.000 Euro bei Beginn der Phase, 350.000 nach Abschluss des Architekturwettbewerbs und 400.000 nach Ende der Phase 2. Allerdings muss die Porr für die letzten 400.000 Euro auch verbindliche Zusagen eines Betreibers und eines oder mehrerer Investoren liefern. Bei einem vorzeitigen Schlussstrich gehen die Rechte an den bis dahin entstandenen Arbeitsergebnissen an die Stadt über. Ausnahme: Das geistige Eigentum an den entwickelten Add-Ons. Zur Absicherung des Gesamtprojektes bringt die Porr eine Konzerngarantie in der Höhe von fünf Millionen Euro bei.

„Pfahlbau“

Das Grundstück, auf dem das Hallenbad errichtet werden soll, gehört zum ehemaligen Sumpfgebiet Klagenfurts. Aus den Ausschreibungsunterlagen für die Innovationspartnerschaft geht hervor, dass das Bad „pilotiert“ werden muss. Das bedeutet, dass Pfähle ins Erdreich getrieben werden müssen, auf denen das Bauwerk dann aufsetzt. „Diese Pilotierung ist in den 42 Millionen Euro berücksichtigt“, sagte STW-Vorstand Erwin Smole in einer Pressekonferenz. Insgesamt drängt die Stadt in dem Papier mehrmals darauf, dass das neue Hallenbad unbedingt fertig zu sein hat, wenn dem derzeitigen in der Gasometergasse wegen „Altersschwäche“ das Licht ausgeht. Sofern das schon 2024 der Fall ist und das neue Bad erst 2025 oder gar später eröffnet, spätestens dann wird man wissen, ob der Vertrag mit der Porr präzise genug war – oder vielleicht zu verschwommen.

Der Autor

Der Klagenfurter Franz Miklautz ist als Investigativjournalist tätig. Unter anderem betreibt er die Plattform mediapartizan.at, auf der er regelmäßig Missstände aufdeckt. Er war nominiert für den Literaturpreis Wartholz VII und ist Gewinner des “Erostepost”-Literaturpreises 2014.

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