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Leben - Klagenfurt
Selbst bei eisigen Temperaturen wagt sich unsere Redakteurin Jannine in den Wörthersee.
Selbst bei eisigen Temperaturen wagt sich unsere Redakteurin Jannine in den Wörthersee. © Privat

Ein Test

Schwimmen im Winter: Mutig oder verrückt?

Klagenfurt – Es ist kalt, Schnee bedeckt die Landschaft und eigentlich möchte man sich nur zu Hause gemütlich in eine warme Decke kuscheln. Doch sogenannte "Eisschwimmer" lieben es sich bei diesen Temperaturen in die Fluten zu stürzen. Warum das Schwimmen im Winter für viele so anziehend ist, haben wir für euch getestet.

 7 Minuten Lesezeit (841 Wörter) | Änderung am 11.12.2020 - 08.59 Uhr

Winterbaden oder -schwimmen wird seit Jahrhunderten als Volkssport in vielen Ländern mit natürlich zufrierenden Gewässern betrieben. Bereits Johann Wolfgang von Goethe soll das Eis der Ilm aufgehackt haben, um im eisigen Wasser zu baden. Kaltes Wasser hat mich schon immer fasziniert. Schon im Jugendalter bin ich zur Strandbaderöffnung die Erste im Wörthersee gewesen. Die kühlen Temperaturen haben mir nie etwas ausgemacht. Auf die Idee im Winter in den See zu springen, bin ich trotzdem bisher nicht gekommen. Doch dies sollte sich ändern.

Vom Hirngespinst zum Plan

Heuer wollte ich etwas Besonderes wagen und meine Komfortzone verlassen. Etwas Neues ausprobieren und meinen Körper an seine Grenzen bringen. Irgendwie kam mir dabei gegen Ende des Sommers der Gedanke, beim Neujahrsschwimmen mitzumachen. Also begann ich mich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Der Wörthersee soll zu dieser Zeit rund 5 Grad “warm” sein und dies bei einer Lufttemperatur von etwa -1 bis +5 Grad. Schnell war klar, dieses Vorhaben erfordert Training.

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Eines meiner ersten “Trainings” im Wolayersee Mitte September bei rund 12 Grad Wassertemperatur. - © Privat

Wo ein Wille, da ein Weg

Nachdem es beim Neujahrsschwimmen ums Schwimmen und nicht ums bloße Nassmachen geht, habe ich mir vorgenommen, eine Strecke von rund 100 bis 200 Meter ins Auge zu fassen. Nicht viel für geübte Schwimmer – bei eisigen Temperaturen aber durchaus herausfordernd. Der Sommer neigte sich dem Ende zu und ich kundschaftete einige freie Seezugänge aus, um mich in “die Fluten” zu stürzen. Nachdem sich das 5min-Büro in Villach befindet, habe ich auch den Faaker See und den Ossiacher See besucht. Meistens springe ich aber in den Wörthersee.

Über den eigenen Schatten springen

Anfangs war das Schwimmen kein Problem, da ich ja, wie gesagt, kühlere Temperaturen im Frühling schon gewohnt war. Eine richtige Überwindung war es dann, als im November und Dezember die Sonne ausblieb und es heraußen auch nicht besonders gemütlich zum Anwärmen war. Jedes Mal flüstert mir mein innerer Schweinehund beim Ausziehen entgegen: “Du bist doch verrückt. Mach es nicht!” Doch das aufkommende Glücksgefühl nach dem Schwimmen beflügelt mich jedes Mal aufs Neue. Durch dieses Verlassen der Komfortzone weiß ich, dass ich alles schaffen kann, wenn ich nur will.

Durchhalten heißt die Devise

Ab ca. 10 Grad Wassertemperatur bleibt mir meist kurz die Luft weg und meine Haut fängt zu prickeln an. Ich bemühe mich ruhig weiterzuatmen und in Bewegung zu bleiben. Es ist schon erstaunlich was der eigene Körper alles aushalten kann. Für meine Strecke fasse ich mir die nächste Boje oder den nebenliegenden Steg ins Auge, gleite ohne viel Nachzudenken ins Wasser und schwimme einfach los. Die Kälte macht sich vor allem an den Fingern, Händen und Füßen bemerkbar. Die ersten Meter möchte ich am liebsten sofort wieder raus aus dem Wasser. Doch ich halte durch! Auf halber Strecke hat sich mein Körper gewöhnt und es fühlt sich “nicht mehr so schlimm” an.

Der Körper an seinen Grenzen

Nach dem Schwimmen trockne ich mich sorgfältig ab und versuche mich schnellstmöglich wieder anzuziehen. Versuchen deswegen, weil meine Hände eisig kalt sind und je länger sie an der Luft sind, desto steifer werden sie. Durch dieses beinahe Taubheitsgefühl wird der Hosenknopf zur kniffligen Aufgabe. Die Haut an Händen, Füßen, dem Bauch und an den Oberschenkeln ist gerötet. Oft sind auch meine Lippen blau angelaufen. Ich finde es faszinierend, wie mein Körper reagiert. Erst nach einigen Minuten außerhalb des Wassers fange ich an zu zittern. Ein warmer Tee und eine heiße Badewanne zu Hause sorgen wieder für Behaglichkeit.

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Kälteschock: Gerötete Haut und zitternder Körper. - © Privat

Lernen, die Kälte zu lieben

Ich bin generell eine Frau, der ständig kalt ist bzw. war. Seit ich ein- bis zweimal in der Woche in das kalte Wasser schwimmen gehe, hat sich mein Temperaturempfinden verändert. Habe ich früher in der 24 Grad warmen Wohnung noch einen Schal getragen, so kann ich jetzt bei rund 21 Grad Raumtemperatur kurzärmlig sein. Meine Füße waren bisher jeden Winter kalt, egal welche Schuhe ich trug. Heuer macht mir die Kälte nichts mehr aus. Ob ich weniger krank werde, wie es meist prophezeit wird, kann ich derzeit noch nicht sagen.

Übung macht den Meister

Falls du das Eisschwimmen auch einmal ausprobieren möchtest, gehe als Ungeübter nicht alleine ins kalte Wasser. Der Kreislauf kann schnell versagen und man merkt gar nicht, wie man plötzlich umkippt. Bisher ist mir das noch nie passiert. Aber ich übe ja schon seit dem Herbst. Das Neujahrsschwimmen in Velden wird heuer leider wegen Covid-19 nicht stattfinden. Ich werde mich am 1.1.2021 auf jeden Fall ins kalte Nass wagen. Es soll ja bekanntlich Glück bringen!