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Leben - Kärnten
© Montage: LPD Kärnten/fritzpress & fotolia.com Kzenon

Offener Brief:

Kärntner Pflege­personal hat Vor­behalte gegen AstraZeneca

Kärnten – Die Corona-Impfungen sorgen immer wieder für Wirbel in Kärnten. Erst vor kurzem wurde der weitere Fahrplan vom Impfgremium des Landes präsentiert. Im Kärntner Gesundheitspersonal gibt es jedoch Vorbehalte gegen den verwendeten Impfstoff.

 8 Minuten Lesezeit (999 Wörter) | Änderung am 17.02.2021 - 18.51 Uhr

Wie vom Land Kärnten am gestrigen Dienstag bekanntgegeben wurde, sollen bis zum Ende der Kalenderwoche 12, also bis Ende März, 38.500 Personen in Kärnten mit dem Biontech/Pifzer Impfstoff versorgt sein, 29.000 Menschen davon sollen dann auch bereits die zweite Teilimpfung erhalten haben. Mit dem Moderna-Impfstoff sollen bis dahin rund 1.200 Personen in den großen Krankenhäusern in Kärnten geimpft werden. Von AstraZeneca kommen noch im 1. Quartal 17.000 Impfdosen nach Kärnten.

Vorbehalte gegen AstraZeneca

Derzeit wird auch das Kärntner Gesundheitspersonal der Kategorie I geimpft. Weitere Personen, die im Gesundheitsbereich arbeiten, sollen bis Ende März eine Impfung erhalten, jedoch nicht mit dem Biontech/Pfizer-Impfstoff. Seitens des Gesundheitspersonals gibt es jedoch einige Vorbehalte gegenüber dem AstraZeneca-Impfstoff, der stattdessen verimpft werden soll.

Gesundheitspersonal fühlt sich ungerecht behandelt

Ein Kärntner, der im Gesundheitsbereich tätig ist, erläutert gegenüber 5-Minuten: “Wir haben Tag und Nacht gearbeitet, bis zum Umfallen, betreuen schwer kranke Menschen und haben lange auf die Impfung gewartet. Jetzt sollen wir einen Impfstoff bekommen, der eine Wirksamkeit von nur 70 Prozent verspricht und bei dem ein Schutz erst nach drei Monaten vollständig erreicht wird?!” Er finde es nicht gerecht, “dass ein Teil des Gesundheitswesens einen nachweislich besseren Impfstoff bekam, als der Rest.”

“Nach dem Motto ‘Friss oder stirb'”

Auf Nachfrage beim Land Kärnten habe der Kärntner Pflegedienstmitarbeiter die Auskunft bekommen, dass er die Impfung auch ablehnen könne. Eine Warteliste für den Biontech/Pfizer-Impfstoff gebe es nicht. “Wir haben keine Wahl, wenn wir die Impfung ablehnen, dann bekommen wir eben keine. Ganz nach dem Motto ‘Friss oder stirb'”, ist der Kärntner empört. Er führt aus: “Auf der einen Seite wollen sie ein großes Impfinteresse und dann hat das Gesundheitspersonal nicht einmal das Recht auf eine Impfung mit einer Wirksamkeit von 95-Prozent?”

Offener Brief an die Gesundheitsreferentin

Der Kärntner schickte auch einen offenen Brief an 5 Minuten und wendet sich darin direkt an die Kärntner Gesundheitsreferentin LHStv.in Beate Prettner. Darin schreibt er: 

Offener Brief des Pflegers

Sehr geehrte Frau Dr. Prettner,

Ich bin wirklich sehr enttäuscht.

Plötzlich werden nun alle im Gesundheitswesen, Ärzte, niedergelassene Ärzte, Pfleger und Pflegerinnen und auch der Rettungsdienst, der Tag und Nacht für uns im Einsatz ist, geimpft.

Kollegen aus der mobilen Pflege erhielten die Info, dass AstraZeneca geimpft wird. Kollegen aus dem Klinikum Klagenfurt und LKH Villach – in Abteilungen, die noch nicht geimpft sind, erhielten ebenfalls die Info nur AstraZeneca zu erhalten. Auch Personen aus dem Rettungsdienst berichteten davon, nur AstraZeneca zu erhalten.

Womit werden wir im Gesundheitswesen nun geimpft? Richtig, AstraZeneca. Einen Impfstoff der nachweislich nur 70 Prozent Wirkung hat und das erst nach der zweiten Impfung – 3 Monate (!!) später.

Finden sie nicht auch, dass wir im Krankenhaus, im Rettungsdienst, in der mobile Pflege etc. ein Recht auf einen 95-prozentigen Impfstoff haben? Einen Impfstoff, der innerhalb kurzer Zeit 95 Prozent Wirksamkeit erreicht und nicht nach drei Monaten nur 70 Prozent? Finden Sie nicht, dass Menschen die andere schwer kranke Menschen betreuen, ein Recht auf 95-prozentigen Schutz haben? Hat die Politik nicht die Pflicht auf wichtige Personen in kritischer Infrastruktur wirklich gut zu achten? Meines Erachtens nach sollte es selbstverständlich sein, dass die Politik dem Gesundheitswesen nicht nur großartig und wichtig vor der Kamera dankt, sondern uns selbstverständlich das Beste zur Verfügung stellt.

Schweiz lässt den Impfstoff erst gar nicht zu. Südafrika impft diesen nicht mehr. Die Wiener Krankenhäuser stellen sich dagegen, die Salzburger Ärzte fordern einen RNA Impfstoff usw. – Nachweislich ist der Impfstoff weniger gut als die anderen.

Gut, dann wird sich eine große Mehrheit in Kärnten – Leute die im Gesundheitswesen arbeiten – eben nicht impfen lassen, fertig. Das Ziel, dass sich möglichst alle im Gesundheitssektor impfen lassen, ist [damit] klar verfehlt. Frage: Wenn ich mich nun aktuell nicht impfen lasse? Was passiert dann? Hab ich dann das Recht auf eine Impfung dauerhaft verspielt? Würde mich interessieren. Vonseiten des Landes Kärnten hieß es letztens, ich habe keine andere Wahl. Wenn ich die Impfung ablehne, dann bekomme ich eben keine.

Ich bin dafür, dass Sie sich dafür einsetzten, dass alle Pfleger, Ärzte, mobile Pflege, der Rettungsdienst einen 95-prozentigen Impfstoff bekommen. Wenn es noch ein wenig dauert, dann ist es eben so. Es würde mich freuen, wenn ich demnächst geimpft werde und eine Impfung von Moderna oder Pfizer erhalte – weil die Politik etwas für das Gesundheitswesen übrig hat, zumindest in Kärnten.

“Halten uns an nationalen Impfplan”

Auch wir von 5-Minuten haben im Büro von Gesundheitsreferentin LHStv.in Beate Prettner nachgefragt, wie es mit den Impfungen im Gesundheitswesen weitergeht. Pressesprecherin Claudia Grabner erklärt: “Der Gesundheitsbereich der Kategorie I wurde bereits mit dem Biontech/Pfizer-Impfstoff versorgt. Ab jetzt bekommen Gesundheitsberufe den AstraZeneca-Impfstoff, weil ja der Pfizer-Impfstoff für die über 80-Jährigen bzw. auch die über 65-Jährigen reserviert werden muss.”

Auf die Vorbehalte des 5-Minuten-Lesers wurde mit Verständnis reagiert, trotzdem heißt es: “Das Land Kärnten richtet sich bei der Prioritätenliste und den Impfstoffen sehr strikt an den nationalen Impfplan.” So sei, laut Grabner, auch der AstraZeneca-Impfstoff sehr wirksam und ausreichend getestet worden. Davon, aktuell noch auf die Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff zu verzichten und auf den Biontech/Pfizer-Impfstoff zu warten, rät Grabner jedoch ab: “Wenn jemand aus dem Gesundheitsbereich sagt, er lässt sich nicht mit AstraZeneca impfen, dann lässt er sich leider aktuell nicht impfen.” Aussuchen, welchen Impfstoff man bekomme, könne man sich nicht. Bis genügend Biontech/Pfizer-Impfstoff vorhanden ist, um diesen auch unter 65-Jährigen zu impfen, könnte es noch einige Zeit dauern, so Grabner.

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