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Politik - Klagenfurt
Interview
Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ) und Christian Scheider (Team Kärnten)
Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ) und Christian Scheider (Team Kärnten) © Montage: Nikolic

Klagenfurter Bürgermeisterkandidaten im Interview

“Was wollen Sie als Klagenfurter Bürgermeister(in) zuerst umsetzen?”

Klagenfurt – In der Stichwahl am kommenden Sonntag, dem 14. März 2021, treten Amtsinhaberin Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ) und Herausforderer Christian Scheider (Team Kärnten) um das Bürgermeisteramt in der Landeshauptstadt an. 5 Minuten hat zuvor mit ihnen gesprochen. 

 19 Minuten Lesezeit (2327 Wörter) | Änderung am 12.03.2021 - 21.56 Uhr
5 Minuten: Was unterschied die sechs Jahre, in denen Sie Bürgermeister/in waren am eklatantesten von der Periode Ihres Gegenübers?

Mathiaschitz: Dass Klagenfurt finanziell wieder auf gesunden Beinen steht. Wir haben die Stadt nahe am Bankrott übernommen und es gelang uns, die Stadt finanziell zu sanieren.

Scheider: In meiner Zeit wurden viele Großprojekte ohne Koalition beschlossen, z.B. Stadion, Erlebnisspielplatz im Europapark, Feuerwehrleitstelle, Leichtathletikanlage oder das Tierschutzkompetenzzentrum. In den letzten sechs Jahren waren es höchstens Schulsanierungen, die aber ohnehin immer gemacht werden müssen. Ansonsten haben sich die Menschen nur den Wald im Stadion gemerkt.

Was wollen Sie als Klagenfurter Bürgermeister/in als erstes umsetzen?

Mathiaschitz: Wir haben einige Projekte auf Schiene, die bereits beschlossen sind und wo im Hintergrund bereits gearbeitet wird – das betrifft das Hallenbad oder das Pflegeheim im Hülgerthpark. Wir haben 26 Millionen Euro für Projekte im Sport- und Bildungsbereich beschlossen, die ebenfalls bereits geplant und umgesetzt werden.

Scheider: In der kommenden Periode kann man nicht mehr in Großprojekten denken, sondern man muss direkt in die Menschen investieren – mit Familienbonus, Schulstartgeld, Bau von Sozialwohnungen, Paket mit den Stadtwerken hinsichtlich der Energiekosten für sozial Schwächere und mit Unterstützung der Wirtschaft nach Corona.

Mit welchen Parteien kommen Koalitionen und Zusammenarbeiten in der kommenden Periode in Frage und gibt es bereits Präferenzen?

Mathiaschitz: Nein. Wir werden nach der Wahl mit allen Parteien Gespräche führen und schauen, wo es die größten Übereinstimmungen gibt. Als Bürgermeisterin gibt man den Takt vor und daher kann ich mir mit allen eine Kooperation vorstellen.

Scheider: Grundsätzlich muss man mit allen sprechen, man darf niemanden ausgrenzen. Die Frage wird sein, wo die Bereitschaft für eine Zusammenarbeit am höchsten ist. Da werde ich nach der Parteienstärke mit allen sprechen.

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Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ)

Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ) - © Bettina Nikolic

Welche sozialen Impulse würden Sie für Klagenfurt in den kommenden sechs Jahren setzen wollen?

Mathiaschitz: Ich glaube, man muss unseren Weg weiter ausbauen. Wir haben die Volksküche saniert und wir haben mit der Klagenfurt-Karte eine Möglichkeit geschaffen, dass sozial schlechter gestellte Menschen sehr vergünstigt oder gratis soziale Leistungen in Anspruch nehmen können. Wir haben auch ein Stromtelefon, ein Kältetelefon und das werden wir selbstverständlich ausbauen. Gerade durch die Corona-Krise gibt es viele Verschärfungen und ich möchte niemanden alleine zurücklassen.

Scheider: Da kann ich nur auf das dichte Netz hinweisen, dass es unter mir bereits gab und da werden wir wieder anknüpfen – niemand soll im Kreis geschickt oder alleine gelassen werden. Die ältere Generation war in den vergangenen Jahren verloren und auch um die müssen wir uns wieder mehr kümmern.

Was wollen Sie tun, um die Klagenfurter Politik künftig näher an den Bürgerinnen und Bürgern zu orientieren?

Mathiaschitz: Ich bin sehr stolz, dass in der letzten Periode Bürgerbeteiligung wirklich gelebt hat. Wir haben die Keltenstraße mit einer Bürgerbeteiligung vor Ort gelöst, den Pfarrplatz haben wir mit den Geschäftsleuten und Anrainern auf Schiene gebracht. Aber auch der Standort für das Hallenbad wurde unter Bürgerbeteiligung fixiert – das war ein Thema, das fast Jahrzehnte hindurch liegen geblieben ist. Durch den Bürgerbeteiligungsprozess wissen wir auch hier nun, was wir wollen.

Scheider: Ich werde meine Bürgernähe weiterleben, wie ich es gewohnt bin, aber ich alleine bin da zu wenig. Das muss auf die Stadtregierung und den Gemeinderat übergehen. Deshalb ist es gut, dass neue Leute dabei sind, weil die noch eher den Draht zu den Menschen haben – der Gemeinderat aus einem  Stadtteil sollte immer der Anknüpfungspunkt für die Bürger sein.

Das Budget ist in Klagenfurt immer wieder das große Streitthema. Wie würden Sie in aller Kürze die Budgetpolitik Ihrer Amtszeit skizzieren?

Mathiaschitz: Ich bin wirklich stolz, dass wir das Budget, ohne zusätzliche Belastung der Bevölkerung, saniert haben. In den gesamten 6 Jahren haben wir nie Rücklagen gebraucht, um ein Budget zu erstellen – das war aber in den 6 Jahren Christian Scheider üblich. Wir haben auch die Tilgung der Schulden selbst erwirtschaftet. In der Ära Scheider musste für die Tilgung der Schulden ein Kredit aufgenommen werden. Wir haben wieder begonnen Grundstücke für Zukunftsplanungen zu kaufen, auch das ist in der Ära Scheider nicht passiert – bis auf ein paar wenige sind unter ihm die Grundstücke verkauft worden. Den Schuldenstand der Stadt haben wir halbiert und so haben wir derzeit die drittniedrigsten Gemeindeschulden pro Kopf in ganz Österreich, wir sind bei 537 Euro pro Kopf.

Scheider: Wir haben es erst am Ende damals geschafft, ein Plus von 2,3 Millionen zu erwirtschaften, weil wir 12 Millionen einsparen haben müssen und das haben wir für die nächste Periode dann auch übergeben. Innerhalb der Periode war es nicht einfach, weil wir sehr viele nachhaltige Projekte in die Menschen investiert haben und weil es auf der anderen Seite wenig Spar-Bereitschaft von den anderen Referenten gab.

Passierten in Bezug auf die Kunstinstallation „For Forest“ Fehler oder war dieses Projekt in dieser Form ein Gewinn für Klagenfurt?

Mathiaschitz: Es war ein Gewinn, denn die Stadt wurde dadurch weltweit beworben. Ich freue mich, dass auch das Kontrollamt jetzt festgestellt hat, dass in das Projekt selbst keine Steuergelder geflossen sind. Parallel zum Projekt haben wir in der Stadt Ausstellungen oder Schaufensterwettbewerbe durchgeführt.

Scheider: Das war einer der größten Flops, die Klagenfurt je erlebt hat. Das Projekt selbst hatte überhaupt keine Nachhaltigkeit, ganz im Gegenteil: Jetzt gibt es im Nachhinein noch Rechtsstreitigkeiten. Und es flossen 116.000 öffentlicher Gelder hinein, obwohl die Bürgermeisterin immer sagte, dass kein Cent hineinfließt.

Stichwort Straßenbahn oder Seilbahn. Sollen mutige Projekte hinsichtlich des öffentlichen Verkehrs in Klagenfurt zumindest angedacht werden?

Mathiaschitz: Die Straßenbahn wurde in den 1970er Jahren aufgelöst. Es gab mehrere Studien, die zeigten, dass eine Wiedereinführung viel zu teuer kommen würde. Die Seilbahn kann man gerne diskutieren, aber unsere vordringlichste Zielrichtung sollte es sein, dass wir den Busverkehr in der Stadt attraktiveren: Hier wollen wir auf den fünf Hauptlinien einen 10-Minuten-Takt einführen. Was man am Stadtrand nicht mit dem Bus erreichen kann, soll ein Go-Mobil abdecken. Wesentlich ist auch die Umstellung der Busflotte auf elektrischen Betrieb oder Wasserstoff.

Scheider: Es ist die Frage, was man sich wirklich leisten kann. Wenn man eine Straßenbahn im Straßennetz verankern will, wäre das ein finanzieller Großauftrag. Das könnte ich mir schwer vorstellen. Auch eine Seilbahn kann ich mir in der derzeitigen Lage schwer vorstellen.

War es ein Fehler, den Beachvolleyball-Event von Klagenfurt nach Wien ziehen zu lassen und werden Sie aktiv versuchen, diesen wieder an den Wörthersee zurückzuholen?

Mathiaschitz: Nein. Wir wollten die Ostbucht als das Naherholungsgebiet für die Klagenfurter Bevölkerung beruhigen. Generell sollten Aufbauarbeiten für Events gebündelt werden, um die Strandbadbenutzer nicht zu sehr zu stören. Ironman und Starnacht machen nun gemeinsam den Auf- und Abbau. Beachvolleyball wollte hier nicht mitziehen. An meiner Haltung hat sich nichts geändert.

Scheider: Ich habe mit Herrn Jagerhofer viele Gespräche geführt und war immer ein Verfechter dieses Turniers. Ich war allerdings auch ein Verfechter dafür, dass man die unangenehmen Aspekte in den Griff bekommt. Mit einem guten Organisationskonzept sollte man es wieder etablieren.

Was schätzen Sie an Ihrem Stichwahl-Gegenüber?

Mathiaschitz: Ich brauche keine Posten, mir geht es um die Stadt und nicht um meine Person. Ich habe nicht, was weiß ich wie oft die Partei gewechselt, so wie es halt gerade opportun war. Es ist wesentlich, dass man verlässlich ist und Handschlagqualität ins Bürgermeisteramt mitbringt.

Scheider: Man muss fair sein, alles ist sicher nicht schlecht. Sie ist sehr konzentriert bei ihrer Arbeit, versucht die Projekte abzuwickeln und setzt da Kraft dahinter. Wir sind nur komplett unterschiedliche Typen. Die Frage ist, welche Zugangsweise in den nächsten sechs Jahren gefragter ist – brauchen wir mehr Bürgernähe, Transparenz und menschliche Wärme oder brauchen wir jemanden, der die Stadtarbeit vom Schreibtisch aus macht.

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Christian Scheider (Team Kärnten)

Christian Scheider (Team Kärnten) - © Najera

Klagenfurt stellt mit dem KAC den Eishockey-Rekordmeister, während die Eishalle als Heimstätte kein Ruhmesblatt darstellt. Was wird mit Ihnen als Bürgermeister/in dahingehend konkret geschehen?

Mathiaschitz: Unter unserer Koalition ist die Sanierung des Kabinentrakts geschehen und für mich steht nun die Sanierung der Eishalle an. Es gibt hier bereits sehr weit fortgeschrittene Gespräche und die Pläne des Architekten sind fertig. Nach der Wahl folgt die Präsentation. Spätestens in drei bis vier Jahren werden wir eine sehr schöne sanierte Eishalle haben.

Scheider: Ich wollte damals einen Neubau verfolgen, hatte bereits ein fertiges Konzept. Mir wollte man das nicht gönnen und das Land hat sich auch dagegen gestellt. Jetzt haben wir das gefürchtete Stückwerk, wo in Teilschritten die alte Eishalle saniert wird und deshalb kommt natürlich keine neue mehr.

Welche konkrete Maßnahme wollen Sie setzen, um die Klagenfurter Wirtschaft aus der Corona-Pandemie zu führen?

Mathiaschitz: Wir haben mehrere Pakete geschnürt, gleich zu Beginn etwa um eine Million Euro für Cash-Back-Aktionen. Ich bin überzeugt davon, dass wir aus der Krise heraus investieren müssen.

Scheider: Ich habe 4 oder 5 Anträge gestellt für ein 10-Punkte-Programm dahingehend, was die Stadt für ihre betroffenen Bürger machen kann. Es gibt Hauptbetroffene, die vom Bund kaum oder gar nichts bekommen haben und die fühlen sich von der Stadt alleine gelassen. Irgendwelche Gutschein- Aktionen haben keine Nachhaltigkeit und sind auch noch bürokratisch. Graz und Wien haben mit ihren Millionenpaketen gezeigt, wie es geht – Investitionen in Menschen und in die Wirtschaft sind gefragt.

Das Schicksal der erstochenen Tierheim-Hündin Roxy schockierte vor wenigen Wochen ganz Klagenfurt. Wie haben Sie sich bisher für den Tierschutz eingesetzt und was würden Sie als Bürgermeister/in diesbezüglich in Angriff nehmen?

Mathiaschitz: Ich bin selbst Hundebesitzern und für mich ist es unverständlich, dass man einem Tier so etwas antut. Ich glaube auch, dass man nie genug im Bereich des Tierschutzes machen kann. In der Klagenfurt-Zeitung haben wir immer wieder auch versucht, Verständnis für Tiere zu wecken. Wir arbeiten eng mit dem Tierschutzkompetenzzentrum zusammen und meine Türe ist immer offen, wenn Verantwortliche von diesem oder vom Garten Eden zu mir kommen.

Scheider: Ich bin seit ich ein Kind war Tierschützer, habe schon damals Tauben gerettet und sie bei mir zuhause zur Genesung gehabt. In Griechenland habe ich einen Straßenhund gerettet und der lebt mit einem weiteren Hund und einer Katze bei mir. Tierschutz muss man mit Leidenschaft leben. Bezüglich des angesprochenen Falles habe ich schon oft gesagt, dass die Strafen viel höher sein müssen bzw. der Strafrahmen bei Tierquälerei voll ausgeschöpft werden muss. Tiere dürfen nicht als Sache betrachtet werden. Menschen, die nicht in der Lage sind ein Tier zu halten, dürfen auch keines bekommen.

Wenn sie gewählt werden: Wie sieht dann der weitere Fahrplan hinsichtlich des Hallenbads aus?

Mathiaschitz: Die Kooperationspartnerschaft mit Porr ist bereits unterzeichnet. Bis September hat nun Porr gemeinsam mit den Stadtwerken und Fachleuten der Stadt Zeit, Details zu erarbeiten, die dann im Gemeinderat diskutiert und beschlossen werden. Ich nehme an, dass wir spätestens 2025 ein neues Gesundheits- und Vitalbad haben werden.

Scheider: Es ist schade, dass sich in den vergangenen sechs Jahren alles nur im Kreis gedreht hat und die Stadtwerke nicht mehr in der Lage sind, das Hallenbad aus eigener Kraft zu finanzieren. Die Leidtragenden sind wieder die Menschen. Aber das Hallenbad ist ein Muss.

Die Austria Klagenfurt hat aktuell gute Chancen auf den Bundesliga-Aufstieg – mit welcher Unterstützung hätte der Verein unter Ihnen als Bürgermeister/in zu rechnen?

Mathiaschitz: Ich bin gerade in sehr engem Kontakt mit den neuen Unterstützern. Wir sind hier im steten Austausch darüber, was man etwa mit dem alten Klubhaus machen und wie man den Verein zusätzlich unterstützen könnte.

Scheider: Ich war der Austria gegenüber immer aufgeschlossen. Wir müssen natürlich alle gerecht unterstützen. Keine Sportart darf gegenüber der anderen bevorzugt werden. Aber unser Ziel muss es sein, dass die Austria in der höchsten österreichischen Spielklasse spielt und dass das Stadion dann auch mit internationalen Spielen durch die eigene Mannschaft gefüllt wird.

Im Hinblick auf die Stichwahl wird besonders auch um Stimmen der anderen Parteien geworben. Warum sollen Wählerinnen und Wähler anderer Parteien nun in der Stichwahl Ihnen die Stimme geben?

Mathiaschitz: Ich habe hier großes Vertrauen, dass die Menschen sehen, was in den letzten 6 Jahren in Klagenfurt passiert ist – und zwar zum positiven passiert ist. Ich würde mir wünschen, dass dieser erfolgreiche Weg auch die nächsten 6 Jahre weitergehen kann. Wir haben sehr viele Projekte auf Schiene und da würde es mir leid tun, wenn wir hier wieder von vorne zu diskutieren anfangen – Messe, Hallenbad, Pflegeheim usw.

Scheider: Ich glaube es ist entscheidend, ob man dem jeweiligen Kandidaten zutraut, dass er über die Parteigrenzen hinweg für Klagenfurt und die Menschen arbeitet. Ich denke, das habe ich mit meinen Projekten bewiesen, wo ich mich nie auf die Partei beschränkt habe. Im Gegenteil: Ich habe Dinge gemacht, wo ich wusste, dass sie von der Partei nicht goutiert werden. Man denke an die Gedenkprojekte, die ich einfach umsetzen wollte, weil ich davon überzeugt war.

Steckbrief Maria-Luise Mathiaschitz

Alter: 64 Jahre
Geboren in: St. Georgen im Lavanttal
Familienstand: Verheiratet (2 Kinder)
Beruf vor der Politikkarriere: Ärztin
Hobbys: Bergsteigen mit meinem Hund, Laufen, Lesen, Reisen
Lieblingsserie: Der Bergdoktor
Lieblingsmusik: Sehr vielfältig (Klassik, Oper, Schlager etc.)

Steckbrief Christian Scheider

Alter: 57 Jahre
Geboren: Klagenfurt
Familienstand: Geschieden (2 Kinder)
Beruf vor der Politikkarriere: Öffentlich Bediensteter
Hobbys: Laufen, Lesen, Eishockey und Tennis
Lieblingsserie: Krimis, wie z.B. Der Alte
Lieblingsmusik: Am meisten Udo Jürgens und Reinhard Fendrich