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Wirtschaft - Klagenfurt
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Kritik an Vorarlberger Modell:

Kärntner Wirte: “So wird unsere Branche zugrunde gerichtet!”

Kärnten – Praxisferne Rahmenbedingungen für die Öffnung der Gastronomie sorgen für Kopfschütteln. Das Fazit der Kärntner Wirte: „So wird unsere Branche zugrunde gerichtet.“ Gefordert werden umsetzbare Maßnahmen und die Anerkennung von Selbsttests.

 5 Minuten Lesezeit (620 Wörter) | Änderung am 13.03.2021 - 09.01 Uhr

Große Hoffnungen hatte die heimische Gastronomie in das Vorarlberger Modell gesetzt. Es klang nach einem machbaren, regionalen Weg: Bei niedrigem Inzidenzwert sollten die Betriebe geöffnet werden. Die Rahmenbedingungen seien betriebswirtschaftlich jedoch nicht tragbar, kritisieren viele Kärntner Wirte.

Die Rahmenbedingungen des Vorarlberger Modells:

  • Gäste müssen sich registrieren lassen und einen negativen Antigentest (nicht älter als 48 Stunden) oder einen negativen PCR-Test (nicht älter als 72 Stunden) vorweisen. Die Kontrolle soll durch die Betriebe erfolgen.
  • Pro Tisch sind maximal vier Personen erlaubt, sofern sie nicht im selben Haushalt wohnen.
  • Der Mindestabstand zwischen den Tischen hat zwei Meter zu betragen.
  • Aufgrund der Ausgangsbeschränkungen muss die Sperrstunde vor 20 Uhr sein.

Regelungen “ein Fiasko”

Ein Großteil der Vorarlberger Betriebe wird – aufgrund dieser Regelungen – laut ersten Umfragen geschlossen bleiben. „Kurz gesagt: ein Fiasko! Sollte hier nicht massiv nachgebessert werden, ist das für die Gastronomie keine Lösung“, sagt Stefan Sternad, Obmann der WK-Fachgruppe Gastronomie. „Speziell der Zwei-Meter-Abstand für Tische und die frühe Sperrstunde stellen viele Betriebe vor massive Probleme.“ Rund 60 Prozent der Vorarlberger Gastronomen sind laut ersten Umfragen noch skeptisch ob sich bei den vorgesehenen Rahmenbedingungen ein Öffnen ihrer Betriebe rentiert, heißt es von dortigen Interessenvertretern. „Damit zeigt sich ganz deutlich: Diese Regelung ist keine Lösung. Verstörend ist vor allem, dass die vielen Vorschläge, die von Gastronomievertretern aus ganz Österreich in Wien auf den Tisch gelegt wurden, nicht beachtet werden. Man schenkt den Vertretern aus der Praxis kein Gehör“, ärgert sich Sternad.

Selbsttests fürs Eintrittstesten

Eine entscheidende Frage hat die Politik bisher noch nicht beantwortet – weder für Vorarlberg noch für ganz Österreich: Wie soll es gelingen, die nötigen Testkapazitäten bereit zu stellen? Hier werde man neue Wege beschreiten müssen, fordert Sternad, der sich für eine Ausweitung der Testmöglichkeiten ausspricht. „Wir haben schon beim Öffnen der Friseurbetriebe gesehen, dass die bisherigen Testangebote bei weitem nicht ausreichen. Vor allem ist der Ablauf viel zu kompliziert: Es wird erwartet, dass die Menschen sich Tage oder Wochen zuvor anmelden.“ Das funktioniere schon beim Friseurbesuch nicht sonderlich gut, wie man an den Umsatzeinbrüchen der heimischen Friseure erkennen könne. Und bei den Wirten müsse man mit noch heftigeren Auswirkungen rechnen: Da ein Großteil der Wirtshausbesuche nicht langfristig geplant wird, muss man davon ausgehen, dass die Frequenz dramatisch sinken würde. „Damit nimmt man unseren Gästen jede Möglichkeit auf einen spontanen Restaurant- oder Kaffeehausbesuch. Und das bedeutet im Umkehrschluss, dass unserer Branche jede Möglichkeit auf erfolgreiches Wirtschaften genommen wird“, so Sternad.

Er spricht sich deshalb für die Anerkennung von Selbsttests aus, die seit 1. März kostenlos in Apotheken ausgegeben werden. „Im schulischen Bereich werden die so genannten ‘Nasenbohrertests‘ erfolgreich eingesetzt – warum nicht auch in der Gastronomie?“, stellt der Fachgruppenobmann in den Raum.

“Wir müssen Unternehmen profitabel führen können”

In Richtung Politik sagt Sternad: „Um diese Pandemie auch aus volkswirtschaftlicher Sicht gut zu überstehen, wird man bereit zu Kompromissen sein müssen. Wir werden einen Weg finden müssen, der größtmögliche Sicherheit mit unternehmerischen Erfordernissen vereint. Kurzum: Man muss uns die Möglichkeit geben, unsere Betriebe profitabel führen zu können. Sonst wird sich die Coronakrise zu einer gewaltigen Wirtschaftskrise entwickeln.“ Gleichzeitig müssten selbstverständlich die Testkapazitäten in den offiziellen Teststraßen ausgebaut werden. „Es ist einfach unvorstellbar, dass das Tempo beim Ausbau nicht erhöht wird. Offenbar hat die Politik den Ernst der Lage noch nicht erkannt. Jeder von uns weiß: Wir brauchen schnelle, unkomplizierte, kostenlose Tests. Dieses Angebot muss schnellstens geschaffen werden“, bringt es der Fachgruppenobmann auf den Punkt.

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Stefan Sternad, Obmann der WK-Fachgruppe Gastronomie - © WKK/Martin Steinthaler