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Leben - Klagenfurt
© LPD/Peter Just

DAS ist Kärnten

Gerd Kurath: “Das Leben, wie wir es kannten, wird es nicht mehr geben”

Kärnten – Gerd Kurath (44) ist Leiter des Landespressedienstes und eines der Gesichter der Pandemie, sieht man ihn doch beinahe täglich in den Medien. In „DAS ist Kärnten“ sprachen wir mit ihm über die Vereinbarkeit mit der Familie, seinen persönlichen Zugang zur Kommunikation und über seine Einschätzung zum weiteren Verlauf der Corona-Krise…

 8 Minuten Lesezeit (1017 Wörter)

Von Lukas Moser. Seit knapp acht Jahren füllt Kurath die verantwortungsvolle Aufgabe bereits aus, erlebte einige Krisen, in der die Kommunikationsarbeit essenziell war: „Man denke an den HCB-Skandal im Görtschitztal, an diverse Naturkatastrophen und insbesondere an die Causa Hypo-Heta, wo es einen Zahlungsstopp gab und es natürlich schwierig war, in einer solchen Situation die Kommunikation aufrechtzuerhalten.“ Die Pandemie habe aber ganz andere Dimensionen erreicht…

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Kurath (links) 2017 nach einer Besprechung in der Hofburg mit dem Bundespräsidenten und Mitarbeiterinnen des Protokolls

Kurath (links) 2017 nach einer Besprechung in der Hofburg mit dem Bundespräsidenten und Mitarbeiterinnen des Protokolls - © Privat

“An Höhepunkten bis zu 80 Stunden pro Woche”

Leicht vorherzusagen sei es nicht, wann wie viele Medienanfragen hereinkommen werden: „Manchmal sind es nur wenige lokale Medien, am nächsten Tag können es unzählige internationale Anfragesteller sein.“ Besonders aus Italien, Slowenien und Deutschland sei das Interesse oft hoch, wobei nicht selten die Grenzkontrollen dabei im Zentrum standen. An Höhepunkten der Pandemie arbeitete er um die 80 Stunden pro Woche, aber auch aktuell sind es nie unter 50. Teilweise hätten sogar Bürger seine Nummer herausgefunden und ihn verzweifelt angerufen.

Zeitweise fand tagtäglich eine Koordinationssitzung der Corona-Expertenkommission statt, aktuell ist dies zweimal wöchentlich der Fall. Hinzu kommen mehrere kleinere Sitzungen. Hier wird auch gemeinsam abgestimmt, was an die Öffentlichkeit kommuniziert werden soll. Aus der Not der Pandemie heraus führte man auch regelmäßige Videokonferenzen ein, in denen primär Kurath die relevanten Informationen weitergibt: „Das Wichtigste ist, keine widersprüchlichen Informationen an die Öffentlichkeit weiterzugeben. Diese sind eben durch unterschiedliche Informationsstände entstanden und dem haben wir entgegengewirkt.“

“Wäre das wahr gewesen, hätten wir es auch preisgegeben”

Vermehrt habe er aber auch mit Fake-News zu kämpfen. So gab es etwa das hartnäckige Gerücht, dass Familienmitgliedern von Verstorbenen Geld geboten wurde, wenn sie der Aussage zustimmten, der Tote sei an COVID verstorben. „Wir sind dem natürlich genau nachgegangen, konnten es richtigstellen. Wäre es jedoch wahr gewesen, hätten wir das ebenso preisgegeben.“ Immer wieder gibt es Vorwürfe, man würde nicht ehrlich kommunizieren, der Bevölkerung bewusst Informationen vorenthalten. Kurath verneint: „Wenn Projekte und Entscheidungen noch im Planungsstadium sind, wäre es unseriös, dies schon weiterzugeben. Sobald es aber relevant ist, wird es verlässlich nach außen getragen.“

Bewusste Angst-Kommunikation als No-Go

15 weitere Personen kümmern sich mit ihm um die gesamte Kommunikation des Landes Kärnten. Ob der Mitarbeiterstand durch die Pandemie bedingt aufgestockt wurde? Kurath dazu: „Im Gegenteil, wir haben durch Pensionsantritt sogar einen Mitarbeiter verloren.“ Er selbst spricht für das Land Kärnten, hat aber natürlich auch seine persönliche Sichtweise: „Würde etwas total gegen meine Meinung gehen, könnte ich das schlichtweg nicht vertreten.“ Sehr kritisch sieht der PR-Experte eine etwaige bewusste Angst-Kommunikation: Sie sei zu einfach gedacht: „Kurzfristig hat das vielleicht Erfolg, weil sich die Menschen stärker an die Maßnahmen halten, mittelfristig sieht man aber genau, dass die Lockdowns nun kaum mehr wirken. Da ist ehrliche Kommunikation immer der beste Weg.

Kurath studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaften in Wien, obwohl das Studium auch in Klagenfurt angeboten wurde – eine bewusste Entscheidung: „Ich musste einmal weg und das hat sich durch das Studium ergeben.“ Seit seinem Amtsantritt veränderte er die Kommunikation auch im Land grundlegend: „Seit 2014 haben wir uns stark auf Facebook konzentriert. Wenn man bedenkt, dass Obama 2008 die US-Wahl mit diesem Medium gewann, war das ohnehin schon höchste Zeit.“

Zukunft in der Politik? „Ich kann nichts ausschließen“

Kritik an seiner Person gab es Anfang 2020, als er sich neben seinem Beruf auch noch als PR-Berater selbstständig machte. Laut ihm sei jedoch nicht die Kritik mancher Parteien für die Ruhigstellung des Unternehmens ausschlaggebend gewesen, sondern einfach die Pandemie. Kurath: „Ich will das Thema nicht ganz vom Tisch wischen, aber aktuell ist die Bewältigung der Krise vordergründig.“ Früher war er auch als Pressesprecher der SPÖ tätig. Ob er es ausschließe, würde Peter Kaiser ihn danach fragen, einmal eine höhere politische Funktion zu übernehmen? „Ich bin sehr zufrieden mit meinem Job und kann mir nicht vorstellen, dass es eine solche Frage geben wird. Aber ich stehe noch zumindest 20 Jahre im Berufsleben und wie es langfristig weitergeht, kann ich jetzt nicht beantworten – deshalb kann ich auch nichts ausschließen. Momentan ist meine Arbeit die schönste Aufgabe, die ich mir vorstellen kann.“

“Die Familienzeit qualitativ nutzen”

Einen Ausgleich zum aktuell so stressigen Alltag findet der Leiter des LPD im Laufsport – so versucht er, wenn möglich, jeden Morgen vor der Arbeit eine Runde zu drehen. Trotzdem ist es selten, dass er die Arbeit abends nicht mit nachhause nehmen muss, auch nachts noch Dinge erledigt werden. Für die Familie, Kurath ist zweifacher Familienvater, sei dies natürlich nicht erfreulich: „Sie wissen, dass ich eine recht wichtige Arbeit habe und wir versuchen, die gemeinsame Zeit dafür qualitativ umso intensiver zu nutzen.“ Wann er endlich wieder mehr Zeit für die Familie haben wird, traut er sich nicht abzuschätzen.

“Ich befürchte, dass es im Herbst wieder strenger werden könnte”

Zwar ist er weder Virologe noch Komplexitätsforscher o.Ä., doch hat er wohl den breitesten und fundiertesten Einblick in die verschiedenen Informationsquellen. Seine Einschätzung zum weiteren Verlauf der Pandemie interessiert demnach eine Vielzahl an Menschen. Er selbst versuche aber, sich von Monat zu Monat zu hanteln: „Die wärmere Zeit wird jetzt wohl zu einer Entspannung führen, aber ich befürchte, dass es im Herbst wieder strenger werden könnte, wenn es Mutationen gibt. Wir werden hoffentlich bald wieder eine Normalität spüren, aber das Leben, wie es bis 2019 war, wird es so nicht mehr geben.“

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Kurath anlässlich eines Besuches von LH Kaiser bei den Kärntner Mitgliedern der KFOR im Kosovo 2014.

Kurath anlässlich eines Besuches von LH Kaiser bei den Kärntner Mitgliedern der KFOR im Kosovo 2014. - © Privat

Fortsetzung folgt:

Im Rahmen von „DAS ist Kärnten“ holen wir bemerkenswerte Kärntnerinnen und Kärntner vor den Vorhang. Du kennst auch einen besonderen Menschen aus unserem Bundesland? Dann sende uns deinen Vorschlag an [email protected].