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Veröffentlicht am 27.08.2021, 13:38

„Freie Fahrt für Lastenräder!“

Gericht schmettert Klage gegen Lastenradbetreiber ab

Graz - Die Unterlassungsklage der Stadt Graz gegen einen Lastenradbesitzer, der sein Fahrrad in der Blauen Zone abgestellt hatte, wurde heute vom Gericht abgeschmettert. Die Klage wurde auf Betreiben der ÖVP-Bürgermeisters Nagl von Elke Kahrs Straßenamt vor dem Sommer eingebracht.
von Carolina Kucher4 Minuten Lesezeit (587 Wörter)

„Die Fahrradstadt ausrufen und gleichzeitig Lastenradbesitzer verklagen, das geht sich nicht aus“, reagiert Bürgermeisterkandidatin Judith Schwentner, die den Beklagten von Anfang an unterstützt hat, auf den Ausgang des Verfahrens. Sie verlangt freie Fahrt für Lastenräder. „Das Fahrrad ist eine der wichtigsten Antworten auf die Klimakrise in Graz. Wir brauchen mehr Platz für die Lastenräder, breitere Radwege und vor allem Abstellflächen. Ich erwarte mir, dass die Stadt keine Berufung einlegt“, so Schwentner abschließend.

Was ist genau passiert?

Im Juni wurde André Lintschnig von der Stadt Graz auf Unterlassung im Streitwert von 6.000 Euro geklagt, damit er seine Lastenräder nicht mehr in der Stadt parkt. Nun wurde die Unterlassungsklage in erster Instanz zurückgewiesen – der Lastenradfahrer hat (noch nicht rechtskräftig) gewonnen. Die Ansicht des Straßenamtes der Stadt Graz und die politische Rechtfertigung der ÖVP bezüglich der Unterlassungsklage gegen einen Lastenradfahrer wurden gestern vom Bezirksgericht zurückgewiesen. Noch im Juli meinte Thomas Fischer, der Leiter des Straßenamtes gegenüber einer Tageszeitung, dass das Abstellen seiner Lastenräder eine „verkehrsfremde Nutzung“ sei. Ein Sprecher des Bürgermeisters Siegfried Nagl rechtfertigte die Klage: „Wir sind für Lastenräder, aber nicht für solche, die wochenlang am selben Platz stehen und eigentlich für andere Dinge verwendet werden“.

Lintschnig erleichtert über das schnelle Urteil

„Das war schlichtweg ein vom Straßenamt und der ÖVP angestoßener Prozess gegen die sanfte Mobilität“ erzählt Lintschnig und erklärt: „Denn es gibt viele Fahrzeuge, die wochenlang am selben Platz stehen und für andere Dinge verwendet werden können, wie zum Beispiel Wohnwägen. Gegen Wohnwagenbesitzer ging die Stadt Graz – zu Recht – natürlich noch nie vor. Gegen mich als Lastenradbesitzer aber schon. Das Lastenrad als vollwertiges und gleichberechtigtes Verkehrsmittel zu sehen ist bei der aktuellen Stadtregierung und dem Straßenamt leider noch nicht angekommen, das hat dieser Prozess eindrücklich gezeigt“.

Auch das Urteil der Richterin scheint laut Lintschnig zu bestätigen, dass es sich um eine Fehleinschätzung der Behörde und Politik handelte. Denn es war in dieser Eindeutigkeit und Schnelligkeit eine Überraschung beim gestrigen Zivilprozess. „Ein sofortiges, mündliches Urteil ist schließlich eine Seltenheit“, erzählt uns der sichtlich erleichterte Grazer. Das kommt in ungefähr einem von 50 Fällen vor, erklärt der Anwalt des Lastenradfahrers.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Nachdem das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, könnte die Stadt Graz noch in Berufung gehen. Dazu meint Lintschnig: „Ich hoffe die Verantwortlichen akzeptieren die Entscheidung eines unabhängigen Gerichts und machen die Sache nicht noch peinlicher, also sie ohnehin schon ist. Nebenbei würde eine Berufung noch mehr Steuergeld vergeuden. Denn sobald das Urteil rechtskräftig ist, zahlt die Prozesskosten der Steuerzahler – zu einem kleinen Anteil also sogar ich selber“.

Gesammeltes Geld für “Lastenrad für die Allgemeinheit”

Was mit den gesammelten Prozesskostenspenden von knapp 6.000 Euro passiert ist für den Lastenradfahrer auch schon klar. Wie versprochen möchte er damit ein Lastenrad für die Allgemeinheit kaufen und es auf www.das-lastenrad.at kostenlos an alle verleihen. Aber er ergänzt: „Ich möchte trotzdem allen lieben Unterstützerinnen und Unterstützern die Möglichkeit geben, die Spenden zurückzubekommen. Sie können mich auf facebook.com/lastenradfahrer kontaktieren – denn auch als Leihgabe war es eine riesige Unterstützung der Community“. Er bittet aber bezüglich Rückzahlung um Geduld, da noch auf die Rechtskräftigkeit zu warten ist. Denn „eine Berufung ist ja bei dieser Stadtregierung nicht auszuschließen“.

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