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Veröffentlicht am 28.09.2021, 19:09

Strengere Vorgaben?

Kärntner Politik ist sich bei Heim­unterricht nicht einig

Kärnten - Corona-Skepsis sei kein Grund für eine Schulabmeldung, heißt es heute seitens des Landes Kärnten. Strengere Vorgaben für den Heimunterricht stehen im Raum. In der Kärntner Politik stoßen diese aber nicht nur auf Befürworter.
von Redaktion7 Minuten Lesezeit (894 Wörter)
v.l.: ÖVP-Stadtrat Christian Pober, SPÖ-Vizebürgermeisterin Irene Hochstetter-Lackner, FPÖ-Stadtrat Erwin Baumann, FPÖ-Bildungssprecherin Elisabeth Dieringer-Granza und Team Kärnten-Chef Gerhard Köfer.

Das Thema häuslicher Unterricht ist derzeit ein heiß diskutiertes Thema in Kärnten. In zwei Wochen soll es bei der Konferenz der Bildungsreferentinnen und -referenten besprochen werden. Im Raum stehen strengere Vorgaben für den Heimunterricht, etwa, dass man sich mindestens zwei Monate vor Beginn des neuen Schuljahres dafür anmelden muss. Für Eltern soll es in der Folge zum Beispiel ein verpflichtendes Beratungsgespräch geben. Die geplante Resolution an den Bund stößt in der Kärntner Politik aber auch auf Kritik.

Dieringer-Granza gegen Verschärfungen

In einer Reaktion auf die geplante Resolution an den Bund meldete sich die Kärntner FPÖ-Bildungssprecherin LAbg. Elisabeth Dieringer-Granza zum Thema Heimunterricht zu Wort. In einer Aussendung erklärt sie: „Für die Freiheitlichen hatten seit Beginn der Corona-Krise offene Schulen und Kinder im Präsenzunterricht immer die oberste Priorität, während die Regierung leider den Unterricht monatelang nachhause verlegt hat und somit Eltern, Lehrer und Schüler auf sich selbst gestellt wurden.”

Es sei aber vor allem “die Freiheit jedes einzelnen zu achten und respektieren”, erklärt die Politikerin und ergänzt: “Daher lehnen wir Schikanen gegen Eltern, die sich aus unterschiedlichen Gründen im Rahmen der Gesetze für einen Heimunterricht ihrer Kinder entscheiden, ab. Es ist der falsche Weg, wenn jetzt von SPÖ und ÖVP eine weitere Spaltung der Gesellschaft vorangetrieben wird. Viele Eltern melden ihre Kinder auch deshalb vom Schulunterricht ab und zum Heimunterricht an, weil sie ihnen das Corona-Regime in den Klassenzimmern ersparen wollen.” Die Regierung sollte laut Dieringer-Granza daher im Schulunterricht “vernünftige Regeln mit Hausverstand” einführen, anstatt den Heimunterricht zu erschweren.

Baumann: “Habe Verständnis für Eltern”

Unterstützung erhält Dieringer-Granza von ihrem Parteikollegen, dem Villacher FPÖ-Stadtrat Erwin Baumann. Auf Facebook erklärt er am gestrigen Montag: “Nur weil jemand die Corona-Maßnahmen der türkis-grünen Bundesregierung in Frage stellt, ist er noch lange kein Gesetzesbrecher! Ich habe ein gewisses Verständnis für Eltern, die aus Sorge um die Unterrichtsqualität bzw. die Gesundheit ihrer Kinder aus der Regelschule nehmen und privat unterrichten.” Es sei für Baumann naheliegend, dass sich gleichgesinnte Eltern “zusammentun”, dies sei aber kein Anlass, von einer „illegalen Schule“ zu sprechen – Baumann bezieht sich dabei auf eine “private Schule”, die vor kurzem in Villach entdeckt wurde. Mehr dazu hier. Baumanns Forderung: “Die Stadtverwaltung sollte mit dem selben Eifer, mit dem sie gegen besorgte Eltern vorgeht, lieber die Unterbringung illegaler Zuwanderer in Villach kontrollieren.”

Hochstetter-Lackner fordert bestmöglichste Bildung für Kinder

Anders klingen die Reaktionen auf die möglichen strengeren Vorgaben beim Heimunterricht bei der SPÖ und ÖVP. In einer gemeinsamen Presseaussendung werden die Aussagen von Baumann kritisiert. „Schulabmeldungen sind unter bestimmten rechtlichen Rahmenbedingungen möglich. Diese sind auch einzuhalten. Wichtig ist aber, dass den Kindern die bestmöglichste Bildung zukommt. Denn nur beste Bildung garantiert auch Chancengleichheit und faire Startbedingungen für Kinder”, stellt SPÖ-Bildungsreferentin und 1. Villacher Vizebürgermeisterin Irene Hochstetter-Lackner darin klar. Sie ergänzt: “Und dafür sorgen in unseren Villacher Schulen engagierte LehrerInnen, trotz erschwerter Bedingungen, damit unsere Kinder die wichtigen Bildungsziele erreichen.“

Der Villacher ÖVP-Stadtrat Christian Pober sieht das ähnlich: „Dass man illegale Schulen unterstützt und vom staatlichen Unterricht somit unterschwellig abrät, ist nicht tragbar und kann nicht wirklich Herrn Baumanns Ernst sein! Dieses wichtige Thema, dann noch mit dem Einwanderungsthema zu vermischen, schlägt dem Fass den Boden aus!“ Hochstetter-Lackner fügt besorgt hinzu: „Gerade beim Thema Bildung zu sagen, „man möge lieber Ausländer kontrollieren“, ist eine der bedenklichsten Aussagen, die wir seit langem gehört haben. Das ist Politik die spaltet und das mit einem Thema, das kein parteipolitisches Thema sein darf: nämlich die Bildung unserer
Kinder.”

Köfer: “Schulabmeldungen müssen analysiert werden”

Team Kärnten-Chef und Spittaler Bürgermeister Gerhard Köfer merkt zu dem Thema an, dass es die Möglichkeit, Heimunterricht zu nutzen, weitergeben soll: „Allerdings muss es dafür klare Gründe und Konzepte geben. Keinesfalls darf es so sein, dass Eltern über den Kopf des Kindes entscheiden und dieses aus dem gewohnten schulischen und persönlichen Umfeld reißen.“ Gerade der Corona-bedingte Bildungs-Lockdown habe gezeigt, welch schwerwiegenden Folgen soziale Isolation und geschlossene Schulen für Kinder und Jugendliche haben, so Köfer: „Unbegründete und willkürliche Abmeldungen können im Extremfall das Recht auf Bildung unserer Schüler gefährden und das darf nicht sein. Dieses Recht und das Kindeswohl müssen bei allen Überlegungen an der obersten Stelle stehen.“

Für ihn sei es jedenfalls von großer Bedeutung, dass ein eventueller Heimunterricht mit dem Schulunterricht gleichwertig ist: „Das funktioniert nur, wenn dafür auch die notwendigen Qualifikationen vorliegen.“ Bezüglich der Externistenprüfung zur Darlegung des Lern- und Wissensstandes der Schüler ist es für Köfer jedoch unverständlich, dass diese österreichweit an einer frei wählbaren Schule abgelegt werden kann: „Diesem möglichen Prüfungs-Tourismus gilt es einen Riegel vorzuschieben. Der Prüfungsort muss zumindest der Wohnbezirk des Schülers oder in Sonderfällen noch das eigene Bundesland oder die nähere geographische Umgebung sein.“

Köfer fordert zudem eine wissenschaftliche Erhebung und Analyse, aus welchen Gründen es zu den vielen Schulabmeldungen kommt: „Das muss nach Schulstufe und Region exakt ausgewertet werden. Diese Daten sind für die weitere Arbeit und für zukünftige Regelungen bzw. politische Entscheidungen enorm wichtig.“

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