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Veröffentlicht am 11.10.2021, 19:50

ÖVP-Energiesprecher im Interview

Spritpreise steigen: "Haben jetzt die gleichen Preise, wie 2018"

Kärnten - Christian Benger (ÖVP) ist Energie- und Nachhaltigkeitssprecher. Im Gespräch mit 5 Minuten stand er Rede und Antwort und verriet uns, warum die Spritpreise momentan wieder steigen und weshalb sich der Stromverbrauch in Kärnten bis 2050 verdoppeln wird.
von Tanja Janschitz7 Minuten Lesezeit (865 Wörter)
ÖVP-Energiesprecher Christian Benger

Die Preise für eine Tankfüllung steigen und steigen. Mittlerweile sind wir bereits vor dem Corona-Preisniveau, warum?

Christian Benger: Wir haben jetzt die gleichen Preise, wie im Herbst 2018. Die Wirtschaft boomt, die Unternehmen fahren auf Anschlag, und die Mitarbeiter in den Betrieben haben alle Hände voll zu tun. Der Markt zwischen Angebot und Nachfrage reagiert entsprechend auf die Situation.

Die Kärntner Freiheitlichen forderten immer wieder ein Aufsperren der Landestankstellen. Wäre dies ein Ansatz?

Benger: Die öffentliche Hand hat nicht Unternehmer zu spielen. Ich erinnere an das Hypo-Desaster der FPÖ. Abgesehen davon: Die Preise werden auf den Weltmärkten gemacht, nicht in Kärnten. Wir müssen hier andere Wege gehen. Vor kurzem unterstützte der Bund neue Mobilitätsformen mit alternativen Antriebsformen mit einem Zuschuss von 14 bzw. 7 Prozent. Das sind die Schritte in die richtige Richtung.

Benger: "Die Preise werden auf den Weltmärkten gemacht, nicht in Kärnten."

Dann kommt jetzt der Elektro-Boom in der Mobilität?

Benger: Wir sehen bereits jetzt, dass die Zahl an E-Autos stark zunimmt. Das ist – neben Digitalisierung und Kryptowährungen – einer der Gründe, warum der Bedarf an Strom in den nächsten Jahren massiv zunehmen wird. Experten gehen von einer Verdoppelung des Stromverbrauchs in Kärnten bis 2050 aus. Dafür müssen wir jetzt vorsorgen – und zwar rasch, denn Anlagengenehmigungsverfahren dauern bis zu zehn Jahre.

Wie kann Kärnten dem entgegenwirken?

Benger: Wir müssen zusätzliche erneuerbare Energieformen forcieren. Kärnten hat die Pflicht seine Potenziale bei Wasser, Sonne, Wind und Biomasse auszuschöpfen. Für die Energiewende brauchen wir einen Mix aus erneuerbaren Energien. Es wird nicht reichen, dass sich Verantwortliche auf dem aktuell hohen Grad an Wasserkraft  ausruhen und Sonnenstrom auf einigen Dächern ermöglichen. Wir brauchen sehr viel mehr. Große Chancen für Photovoltaik bieten etwa bereits belastete Flächen, also: Sonnenstrom auf Boden, der versiegelt ist: Parkplätze, Lärmschutzwände und in Autobahnnähe. Als ÖVP-Abgeordnete haben wir eine entsprechende Initiative im Landtag gestartet. Wenn wir unsere Anstrengungen nicht massiv erhöhen, haben wir auch in Kärnten Atomstrom durch die Hintertüre – ob wir wollen oder nicht.

ÖVP-Energiesprecher: "Kärnten hat die Pflicht seine Potenziale bei Wasser, Sonne, Wind und Biomasse auszuschöpfen."

Die Kärntner ÖVP macht beim Thema Atomkraft Krško Druck. Eine gut geplante und gezielte PR-Aktion um die Grün-Wähler anzusprechen oder soll da wirklich etwas herauskommen?

Benger: Alle Parteien der jetzigen und auch der vorigen Legislaturperiode haben sich klar gegen das Atomkraftwerk in Krško ausgesprochen. Nur reden aber ist zu wenig, nur Taten zählen. PR-Aktionen demaskieren bald die eigentliche Haltung: verhindern, bewahren, Atomstrom durch die Hintertüre zulassen. Dies geschieht in vielen Teilen Europas schon! Was wir tun können, ist den Energiemix aus erneuerbaren Trägern zu ermöglichen und umzusetzen. Nur damit vermeiden wir, dass Atomstrom importiert werden muss.

Und das Thema Wasserstoff?

Benger: Grüner Wasserstoff ist eine von vielen erneuerbaren Energieformen. In Kärnten wollen wir diese Chance nutzen. Infineon wird ab nächstem Jahr grünen Wasserstoff für die Produktion direkt in Villach erzeugen. Landesrat Sebastian Schuschnig plant den Wasserstoff auch für den Busverkehr einzusetzen – das ist ein Leuchtturm in Kärnten und markiert den Weg. 140.000 Arbeitsplätze in der Wasserstoff-Technologie werden in den nächsten Jahren in Europa entstehen. Unser Ziel muss es sein, möglichst viele von diesen Jobs in Kärnten zu haben. Damit gibt es auch hochinteressante und hochqualifizierte Zukunftsjobs für die Jugend. Sie sehen: Kärnten zur Wasserstoff-Modellregion zu machen, ist auch ein Mittel gegen die Abwanderung junger Menschen.

Benger: "Grüner Wasserstoff ist eine von vielen erneuerbaren Energieformen. In Kärnten wollen wir diese Chance nutzen."

Der Winter steht bevor – zahlreiche Kärntner sind von Energiearmut betroffen. Kommt eine Erhöhung des Heizkostenzuschusses?

Benger: Wer sich selbst nicht helfen kann, dem muss geholfen werden. Dafür gibt es in Kärnten – neben dem Heizkostenzuschuss – auch das Programm „Hilfe in besonderen Lebenslagen“. In der Krise hat sich hier die vom Land ausbezahlte Summe verdoppelt. Zum Heizkostenzuschuss: Gerade erst hat die Landesregierung den Kreis der Bezugsberechtigten erweitert. Jetzt müssen wir uns das im Zusammenhang mit dem Hilfsprogramm ansehen. Je nach tatsächlicher Entwicklung der Energiekosten müssen wir dann die Situation neu beurteilen.

Ein Blick in die Zukunft: Wird Kärnten Windräder und Photovoltaik-Farmen auf den Wiesen haben, oder werden sich die Kärntner Energie kaum mehr leisten können?

Benger: Wir müssen endlich aufhören, Naturschutz gegen den Klimaschutz auszuspielen – beides muss Hand in Hand gehen. Im ständig erzeugten Konflikt zwischen Klima und Natur übersehen wir, dass mit falsch verstandenem Naturschutz die Energiewende scheitert. Einerseits über Krško zu wettern und andererseits zukunftsweisende, erneuerbare Energieformen zu verhindern, ist doppelbödige Scheinpolitik. Wir müssen die Verantwortung vor Ort wahrnehmen und nicht mit dem Finger auf andere zeigen. Das übergeordnete Ziel lautet: den Klimawandel schaffen. Dafür ist die Energiewende außer Streit. Mir ist lieber, ich sehe ein Wasserkraftwerk, ein Windrad, Photovoltaik auf Freiflächen und Biomasse-Heizungen, als ich werde von Atomkraft bedroht und brauche zusätzlich Öl und Gas. Vogelstraußpolitik ist gestern, Ehrlichkeit in der Diskussion ist gefragt. Mehr Unabhängigkeit von den Weltmärkten ist gefragt. Ja, kleine, räumlich begrenzte Abstriche sind beim erneuerbaren Energie-Mix in Kauf zu nehmen – nichts gibt es umsonst. Oder wir sagen der Energiewende ade und Krško, Putin & Co. werden uns Strom liefern.

ÖVP-Energiesprecher: "Wir müssen die Verantwortung vor Ort wahrnehmen und nicht mit dem Finger auf andere zeigen."

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