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Veröffentlicht am 03.12.2021, 15:45

Flughafen-Grundstücke

Kommentar: Weihnachts­geschenk für Investor Orasch

Klagenfurt - Maximal 17,8 Millionen Euro will Immobilieninvestor Franz Peter Orasch für knapp 48 Hektar Flughafen-Grundstücke bezahlen, die der Airport Klagenfurt nicht für den Betrieb braucht. Orasch ist mit seiner Lilihill-Gruppe 74,9-Prozent-Eigentümer in Klagenfurt/Annabichl. Land Kärnten und Stadt Klagenfurt halten zusammen noch gut 25 Prozent. Im Jahr 2015 waren diese Grundstücke (51 Hektar) in einem Gutachten noch mit 28 Millionen Euro bewertet worden.
von Franz Miklautz7 Minuten Lesezeit (882 Wörter)Meinung

Ein “Gschmäckle” und die immer gleiche Platte

Jetzt ließ die Flughafengesellschaft die Grundstücke (48 Hektar) neu bewerten. Mit besagtem Ergebnis: 17,8 Millionen Euro. Dass die Gesellschaft, die Orasch zu fast 75 Prozent gehört, das Gutachten in Auftrag gegeben hat, ist rechtlich wahrscheinlich wasserdicht, hinterlässt aber ein “Gschmäckle”. Die Anteile hatte Orasch 2018 übernommen. Ein Jahr später versprach er in einer pompösen Präsentation eine Milliarde Euro in den Flughafen zu pumpen, eine Million Passagiere pro Jahr und 5.400 neue Arbeitsplätze. Heute, dreieinhalb Jahre nach der Privatisierung und zweieinhalb Jahre nach der Ankündigung des Milliardenregens legt Orasch die gleiche Langspielplatte auf: 450 Millionen Investition, ein Airport-Hotel, IT-Zentrum, Logistikpark und bemannte Drohnen, die Passagiere von Graz und Laibach nach Klagenfurt jetten sollen: Als ob die beiden Städte keine eigenen Flughäfen hätten und die Koralmbahn noch am Reißbrett wäre. 500.000 Passagiere will man erreichen: Ein Schelm wer denkt, dass hier einfach auch die Passagierzahl – wie die ursprüngliche Investitionssumme – halbiert wurde.

Wienerroither zahlte 375 Euro für den Quadratmeter

Wie schief die Optik des genannten Gutachtens sein könnte, zeigt ein Vergleich: Orasch will höchstens 37 Euro für den Quadratmeter bezahlen. Die Firma Schenker hingegen hat vor fünf Jahren 60 Euro pro Quadratmeter für ein Flughafengrundstück im Norden bezahlt. Geht man ein bisschen weiter nach Süden, die Gründe reihen sich rund um den Flughafen, könnte man den Grundstückskauf der Firma Wienerroither für die sogenannte “Kärntnerei” heranziehen: Martin Wienerroither zahlte im Jahr 2016 rund 845.000 Euro für ein gewidmetes Teissl-Grundstück (2.250 m2) nahe des Flughafens in der St. Veiter Straße. Das sind 375 Euro pro Quadratmeter. Das Zehnfache dessen, was Orasch für die noch zu widmenden Gründe bezahlen will. Daran erkennt man, was die Liegenschaften nach der Widmung wert sein könnten und wer den Widmungsgewinn dann einstreicht, wenn sie einmal verkauft sind. Übrigens: Würde man die 2015 mit 28 Millionen Euro bewerteten 51 Hektar pro Jahr mit drei Prozent Wertzuwachs versehen, wären die Grundstücke heute rund 34 Millionen wert.

Warum nicht Baurecht?

Stimmen Land und Stadt dem Deal in der Sitzung kurz vor Weihnachten zu, sind die Grundstücke weg. Wäre die Weiterentwicklung des Flughafens wirklich der zentrale Punkt (und nicht die Grundstücke), stellt sich die Frage: Warum überlegt man sich nicht eine Vergabe per Baurecht wie etwa beim geplanten Vitalbad in Klagenfurt? Also einer Art Miete: 50 Cent pro Monat mal den von Orasch gewünschten 480.000 Quadratmetern: Das wären drei Millionen Euro für die Flughafengesellschaft. Jedes Jahr. 50 Jahre lang. Mit 150 Millionen Euro könnte der Flughafen die notwendigen Investitionen selbst stemmen.

Wo bleiben die Flieger?

Noch eine Frage stellt sich: Nämlich die, warum (außer dem Beteiligungsreferenten Martin Gruber, ÖVP) niemand Tacheles mit Orasch redet? Warum hält sich Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) vornehm zurück? Wo bleibt die Vehemenz, Orasch endlich auf Flieger und Frequenz festzuklopfen. Wann endet die Zeit der bunten Präsentationen? Passagiere werden nicht mehr, nur weil ein Hotel oder eine Hochgarage gebaut werden. Passagiere kommen nur, wenn Flieger landen und wieder abheben. Wo sind die zusätzlichen Destinationen? Jede Schnecke, die in Klagenfurt über die Rollbahn kriecht, läuft nicht Gefahr, überrollt zu werden.

Streichung der Inlandsflüge

Okay, Corona. Ja. Aber der Flughafen war schon 2019, also vor der Pandemie, im Sinkflug. Und vor dem Hintergrund des drohenden Aus für Inlandsflüge kann man schon mal dem Verdacht erliegen, bei den angekündigten 500.000 Passagieren handle es sich um das Produkt latenter Verzweiflung. Dass Klimaschutz-Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) keinen Pardon kennt, weiß man spätestens seit dieser Woche: Sie hat dem Lobautunnel den Laufpass gegeben, weil er durch ein Naturschutzgebiet gegangen wäre.

Katastrophenszenario: Rückabwicklung ohne Grundstücke

Mal angenommen, der Flughafen fliegt weiter in die Miesen. Dann könnten Land und Stadt den Airport – sofern er unter 100.000 Passagiere fällt, was 2022 der Fall sein könnte – wieder zurückholen. Nur eben ohne Grundstücke. Denn die hätte sich Orasch dann bereits einverleibt. Ob Land und Stadt aus diesem, man muss es fast schon sagen: Immobiliencoup, überhaupt noch einmal herauskommen, wird auch an einem liegen, der mit der Entstehung gar nichts zu tun hatte: Martin Payer. Der Chef der Kärntner Beteiligungsverwaltung (KBV) musste die heiße Kartoffel von seinen Vorgängern übernehmen. Im Beteiligungsvertrag ist vermerkt, dass die Altgesellschafter Grundstücksverkäufen ihre Zustimmung erteilen, wenn die Erlöse daraus der Standortsicherung des Flughafens dienten. Ein Freibrief, den auch der Rechnungshof scharf kritisierte und Payer nun auslöffeln muss, der sich, wie er nun sagte, von Orasch aber nicht drängen lassen will.

Trojanisches Pferd

Beobachter könnten den Eindruck gewinnen, als hätte man sich 2018 ein Trojanisches Pferd in die Flughafengesellschaft geholt, das sich nun die Grundstücke selbst verkauft. Zum Wunschpreis – untermauert durch ein Gutachten. Natürlich alles rechtens. Aber eine Ausschreibung, damit auch andere Unternehmen mitbieten könnten, ist offenbar nicht einmal der Funke eines Gedankens. Stimmen Land und Stadt dem Griff nach den Grundstücken zu, könnte sich der Anschein ergeben, man spiele Weihnachtsmann für einen Investor, der außer bunten Bildchen bis jetzt nicht viel gezeigt hat. Und lege ihm Geschenke unter den Christbaum, singend im freudigen Duett: “Stille Nacht, Heilige Nacht, Alles schläft …”

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