16.000 Kinder armutsgefährdet: Das will Kärnten dagegen tun
Kärnten hat diverse Konzepte für Mindest- und Kindersicherung ausgearbeitet. Nun lädt das Land den Bund dazu ein, ein Pilotprojekt zu wirksamer Armutsbekämpfung zu starten. Kärnten stehe als Pilotregion bereit.
Die Wirksamkeit und Treffsicherheit des bestehenden Sozialsystems zur Bekämpfung von Armut in Österreich ist angesichts der zahlreichen Krisen – zuletzt die Energie- und Teuerungskrise – nicht mehr gegeben.
Pilotregion zur Abschaffung der Kinderarmut
Das Land Kärnten arbeitet derzeit in enger Abstimmung mit den Sozialorganisationen und allen im Kärntner Landtag vertretenen Parteien an neuen Konzepten. „Wir sind jederzeit bereit, den Bund mit unserer Expertise zu unterstützen. Kärnten könnte eine österreichische Pilotregion zur tatsächlichen und nachhaltigen Abschaffung von Kinderarmut werden“, so Landeshauptmann Peter Kaiser.
Wiedereinführung der Mindestsicherung
In einem ersten Schritt plädieren Kaiser und Sozialreferentin LHStv.in Gaby Schaunig für die Wiedereinführung der Mindestsicherung. Denn auch dieser Meilenstein der Sozialgesetzgebung war Mitte der 2000er Jahre von Kärnten ausgegangen. 2010 wurde die Mindestsicherung schließlich österreichweit eingeführt, ausgehend eben von Kärnten. 2019 wurde die Mindestsicherung vom Bund wieder zur Sozialhilfe umgewandelt. „Statt Mindeststandards wurden wieder Obergrenzen eingeführt, was die Bundesländer in ihrem Bemühen, ihre Bürger wirksam vor Armut zu schützen, enorm behindert“, so Kaiser.
Modell für Kindergrundsicherung erarbeitet
Als nächsten Schritt schlagen Kaiser und Schaunig die Einführung einer Kindergrundsicherung vor: „Wir arbeiten derzeit sehr intensiv an einem Modell für Kärnten und können bereits erste Grundzüge nennen. Die Kosten würden sich für Kärnten auf rund 50 Millionen Euro pro Jahr belaufen. Würde sich der Bund zur Hälfte beteiligen, halten wir dies für absolut finanzierbar – und das Ergebnis wäre, dass wir für jedes Kind in Kärnten ein Aufwachsen in finanzieller Sicherheit gewährleisten können“, erklärt Schaunig. Außerdem wird betont, wie sehr Bildungs- und Chancengleichheit von den finanziellen Verhältnissen der Familien abhängen. Kärnten könnte erste österreichische Pilotregion für die Kindergrundsicherung werden, so der Vorschlag von Kaiser und Schaunig.
Teuerung aktiv bekämpfen
Die Teuerung könne aber nicht nur mit finanziellen Unterstützungen abgefedert werden, sondern müsse auch aktiv bekämpft werden. So fordert Kaiser die Bundesregierung auf, sich auf EU-Ebene für die Abschaffung des Merit-Order-Systems für die Ermittlung von Strompreisen einzusetzen. Schaunig plädiert zudem dafür, über die OeBFA günstige Kredite mit Fixverzinsung für den gemeinnützigen Wohnbau zur Verfügung zu stellen. Abschließend appelliert Arbeitsmarktreferentin Schaunig an den Bund, im Bereich des Arbeitsmarkts keine Mittel zu kürzen, „Arbeit ist die beste Vorsorge gegen Armut.“ Erwerbslosigkeit oder Teilzeitarbeit entstünden meist aus Betreuungspflichten oder fehlender Ausbildung. „Hier ist die Politik gefragt, über gestützte Beschäftigungsmodelle die Chance auf einen Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt zu eröffnen.
16.000 Kinder armutsgefährdet
16.000 Kinder sind in Kärnten armutsgefährdet. Diesen dramatischen Wert sieht Team Kärnten-Chef Bgm. Gerhard Köfer auch in Bezug auf die aktuellen Diskussionen über das Sozialsystem als politischen Handlungsauftrag: „Kinderarmut heißt, dass die betroffenen Kinder vom sozialen Leben isoliert sind, Ausflüge nicht mitmachen können und ihnen Teilhabemöglichkeiten sowie Zukunftschancen geraubt werden. Oftmals fehlt zu Monatsende auch das Geld für Lebensmittel. Das Problem ist real und mitten unter uns und dies, obwohl Österreich eines der reichsten Länder der Welt ist.“ Köfer hat im Landtag bereits einen Dringlichkeitsantrag durchgesetzt, dass es zur Einführung einer Grundsicherung für Kinder kommen soll. Köfer verweist zudem darauf, dass die Pandemie das Thema Kinderarmut weiter verstärkt und sichtbarer gemacht hat.