Österreich verzeichnet Höchstwerte bei diesen Geschlechtskrankheiten
Schockierende Bilanz: Die Zahl der mit Geschlechtskrankheiten Infizierten steigt weltweit. Auch Österreicher sind immer häufiger betroffen - besonders dominant sind dabei Gonorrhoe und Chlamydien-Infektionen.
Mit 17 Millionen gemeldeten Fällen von sexuell übertragbaren Infektionserkrankungen wurde 2019 ein historischer Höchststand in der europäischen Region der Weltgesundheitsorganisation WHO verzeichnet. Vor diesem Hintergrund erarbeiteten internationale Experten, darunter Georg Stary und Katja Knapp von der MedUni Wien, einen umfassenden Überblick über die Situation und die Herausforderungen für die öffentliche Gesundheit. Die Artikelserie wird aktuell im renommierten Fachjournal „The Lancet Regional Health – Europe“ publiziert.
Vier Untersuchungen
Sexuell übertragbare Infektionserkrankungen (STIs = Sexually Transmitted Infections) so weit zurückzudrängen, dass die Gefahr für die Weltbevölkerung gebannt ist, gehört zu den Zielen der Vereinten Nationen in der „Agenda 2030“. Um dieses Vorhaben zumindest in der europäischen WHO-Region nach der Covid-19-Pandemie wieder ins Blickfeld zu rücken, nahmen sich Wissenschaftler dem Themas in vier aktuell veröffentlichten Untersuchungen an. Analysiert wurden dabei unter anderem die Epidemiologie in Europa, laufende Präventionsstrategien in verschiedenen Ländern sowie der Zugang Betroffener zu modernen Behandlungsmethoden.
Höchstwerte bei Gonorrhoe und Chlamydien
Aktuelle Daten veranschaulichen den dringenden Handlungsbedarf: So stieg zum Beispiel in den Jahren zwischen 2010 und 2019 die Zahl der Syphilis-Fälle bei den 15- bis 49-Jährigen in Europa um 87 Prozent an. Im selben Zeitraum wurden fast doppelt so viele HIV-Diagnosen neu gestellt wie in den Jahrzehnten davor, sodass derzeit rund 1,5 Millionen Betroffene vermeldet werden. Alarmierend auch der europaweite Anstieg an Chlamydien und Gonorrhoe („Tripper“) sowie das Auftreten von Infektionen, die zuvor nicht mit primär sexueller Übertragung in Verbindung gebracht wurden (z. B. Hepatitis B oder Shigellose). Österreich liegt ebenfalls in diesem bedenklichen Trend und fällt besonders durch Höchstwerte bei Gonorrhoe und Chlamydien-Infektionen auf, so Stary und Knapp.
Ungeschützter Geschlechtsverkehr als Urache
Als Ursachen für diese Entwicklung sehen die Wissenschaftler eine Zunahme an Hochrisikoverhalten bei sexuellen Kontakten, die insbesondere ungeschützten Geschlechsverkehr mit wechselnden Partnern umfassen. Das wird unter anderem durch die sehr effiziente präventive Strategie der HIV-Pre-Exposure-Prophylaxe unterstützt, mit der zwar Ansteckungen mit HIV vermieden, aber durch den Verzicht auf Kondome die zunehmende Verbreitung anderer STIs verursacht werden können.
Bewusstsein schärfen
So alarmierend die Zahlen sind, so begrenzt ist aufgrund länderspezifischer Bedingungen deren Aussagekraft. Entsprechend zählt das Vereinheitlichen etwa von Überwachungs- und Meldesystemen bei STIs in den einzelnen europäischen WHO-Mitgliedsstaaten zu den Forderungen der Experten So können gesicherte Daten über die Größe und Zusammensetzung von Zielgruppen insbesondere für Präventionsmaßnahmen gewonnen werden. Dazu gehört vor allem auch, das Bewusstsein für die enorme Bedeutung von Kondomen als Schutz vor STI aufrechtzuerhalten. „Insbesondere in Österreich fehlen oftmals aussagekräftige Daten über das Vorkommen der häufigsten STIs“, kritisiert Stary. „Dringend benötigt werden auch Resistenzprofile bei bakteriellen STIs, um im Bedarfsfall rasch und zielgerichtet Antibiotika verabreichen zu können.“