Nach Schüssen in München: Razzia im Salzburger Flachgau
Ein 18-Jähriger hatte am Donnerstag beim NS-Dokumentationszentrum in München Schüsse abgefeuert. Daraufhin wurde er von der Polizei erschossen. Nun gibt es neue Details zu dem Vorfall.
Nach dem mutmaßlichen Attentatsversuch in München, bei dem ein tatverdächtiger 18-Jähriger von der deutschen Polizei erschossen wurde, war am späten Donnerstagnachmittag am Wohnsitz des zuletzt in der Flachgauer Gemeinde Neumarkt am Wallersee gemeldeten Österreichers eine Polizeiaktion im Laufen. Das bestätigte Chefinspektor Hans Wolfgruber von der Salzburger Landespolizeidirektion der APA. Zunächst hatte die „Kronen Zeitung“ darüber berichtet.
Polizei-Großeinsatz im Salzburger Flachgau
Für die Bevölkerung in der 6.600 Einwohner-Gemeinde bestehe keine Gefahr, zitierte die „Krone“ den Salzburger Landespolizeidirektor Bernhard Rausch. Polizeisprecher Wolfgruber bestätigte der APA den Einsatz und sprach von „routinemäßigen Hintergrundüberprüfungen“ am Wohnsitz des 18-Jährigen. Wie viele Polizisten im Einsatz stehen, wollte er aus kriminaltaktischen Gründen nicht sagen, es sei aber schon ein großes Aufgebot. Dabei seien auch zahlreiche Experten und Spezialkräfte. Der Einsatz erfolge behutsam und mit großer Vorsicht, weil niemand wisse, was einen in den Räumlichkeiten erwarte. Man gehe bei der Überprüfung akribisch vor und sichere alle Spuren. Beim 18-Jährigen handelt es sich laut Polizei um einen Flachgauer mit bosnischen Wurzeln, der bereits im Februar 2023 polizeilich bekannt wurde. Dem Mann war nach einer gefährlichen Drohung gegen Mitschüler und damit einhergehender Körperverletzung auch die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen worden. „Es bestand der Verdacht, dass er sich religiös radikalisiert hatte, online einschlägig aktiv war und sich für Sprengstoff sowie Waffen interessierte. Nach Abschluss dieser Ermittlungen stellte die Staatsanwaltschaft Salzburg im April 2023 alle erhobenen Vorwürfe ein“, heißt es im Pressebericht der Polizei. Gegen den damals 17-Jährigen bestätigte die zuständige Verwaltungsbehörde ein Waffenverbot, welches bis mindestens Anfang 2028 aufrecht ist. Seither sei der 18-Jährige nicht mehr polizeilich in Erscheinung getreten, hieß es.
Täter von Polizei erschossen
Der 18-Jährige hatte am Donnerstag beim NS-Dokumentationszentrum in München das Feuer eröffnet. Daraufhin wurde er von der Polizei erschossen. Laut APA-Informationen war er den österreichischen Behörden als mutmaßlicher Islamist bekannt. Es soll sich bei ihm zwar um keinen so genannten Hochrisiko-Gefährder gehandelt haben. Auf seinem Handy wurden aber Daten und ein Computerspiel sichergestellt, die eine Nähe zu islamistisch-terroristischem Gedankengut bezeugten, wurde der APA bestätigt. Er wurde daraufhin bei der Salzburger Anklagebehörde wegen Verdachts in Richtung terroristischer Vereinigung (§278b StGB) zur Anzeige gebracht. Weshalb das Verfahren wegen Mitgliedschaft bei der radikalislamischen Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) eingestellt wurde, blieb vorerst unklar. „Wir erteilen dazu heute keine Medienauskünfte“, teilte Behördensprecherin Ricarda Eder auf APA-Anfrage mit. Zu einem späteren Zeitpunkt werde es eine Stellungnahme in Aussicht, kündigte Eder an. Am Handy soll der 18-Jährige nach Informationen der APA in erheblichen Mengen IS-Propagandamaterial abgespeichert gehabt haben. Auf dem Computerspiel, das sich über soziale Kanäle unter IS-Sympathisanten verbreitet hatte, sollen Tötungsszenarien der Terror-Miliz nachgestellt worden sein. Auf die Handy-Inhalte waren die Strafverfolgungsbehörden aufmerksam geworden, nachdem der Jugendliche an seiner Schule gewalttätig gegen Mitschüler vorgegangen war. Im Zuge dieser Ermittlungen wurde sein Handy sichergestellt und ausgewertet.
„Er hat gezielt auf die Polizisten geschossen, die haben das Feuer erwidert“
Wie der APA aus gut informierten Kreisen versichert wurde, war zumindest den heimischen Behörden bisher nicht bekannt, dass der 18-Jährige Teil eines IS-Netzwerkes war oder im Internet Anschluss an Gleichgesinnte gefunden hatte. Zumindest in Österreich dürften derzeit keine Hinweise auf allfällige Mitwisser und Mittäter bezüglich seiner terroristischen Absichten vorliegen. Ob es sich tatsächlich um einen Einzeltäter gehandelt hat, ist Gegenstand der angelaufenen Ermittlungen. Der 18-Jährige soll erst vor Kurzem nach Deutschland eingereist sein, berichtete der Sender WDR am Donnerstag. Nach Informationen der „Bild“-Zeitung soll der Bewaffnete vor dem NS-Dokuzentrum vorgefahren sein und mit einer Langwaffe auf Polizeiposten vor dem Gebäude geschossen haben. Bei der Waffe soll es sich nach Aufnahmen aus dem Internet um ein altertümliches Gewehr mit Bajonett gehandelt haben. „Er hat gezielt auf die Polizisten geschossen, die haben das Feuer erwidert“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Der Schütze wurde schwer verwundet und starb später. Nach Angaben der Behörden gab es keine weiteren Verletzten. Herrmann schloss nach den Schüssen von München einen Anschlagsplan auf das in der Nähe des Tatorts befindliche israelische Generalkonsulat nicht aus. Es müsse davon ausgegangen werden, dass es möglicherweise einen solchen Plan gegeben habe, sagte Herrmann. Die Hintergründe müssten jedoch noch aufgeklärt werden.
Motiv noch unklar
Die Motive des Bewaffneten waren am Donnerstagvormittag noch unklar. „Wir erhalten Kommentare mit Spekulationen und Falschinformationen“, schrieb die Polizei und appellierte zugleich: „Ihr könnt uns am meisten helfen, wenn ihr dies unterlasst und Gerüchte nicht teilt.“ Die Kollegen würden auf Hochtouren arbeiten. Sobald gesicherte Informationen vorlägen, würden diese mitgeteilt. „Wir möchten darauf hinweisen, keine Bilder oder Videos von dem Einsatz zu posten oder im Netz zu teilen“, hieß es auf X weiter. Es sei ein Upload-Portal eingerichtet worden (https://medienupload-portal02.polizei.bayern.de/), so könnten die Ermittler am besten unterstützt werden. (APA 05.09.2024)