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Villachs Bürgermeister Günther Albel: „Die explodierenden Ausgaben treffen alle Gemeinden – das ist kein Villacher Problem.“

14 Millionen Minus: „Koste es, was es wolle? Das fällt uns jetzt auf den Kopf“

Villach rechnet 2025 mit einem Budget-Minus von 14 Millionen Euro. Bürgermeister Günther Albel erklärt, warum Gemeinden unter Druck stehen, Sozialleistungen jedoch bleiben und welche Projekte trotzdem umgesetzt werden.

von Nadia Alina Gressl Bild auf 5min.at zeigt Nadia Alina Gressl
1 Minute Lesezeit(93 Wörter)

Villach steht vor einem herausfordernden Jahr 2025: Ein Minus von fast 14 Millionen Euro im Budget wirft Fragen auf. Bürgermeister und Finanzreferent Günther Albel weist jedoch die Verantwortung von sich und kritisiert stattdessen die bundesweite Finanzpolitik. Trotz finanzieller Engpässe sollen Sozialleistungen und Subventionen unangetastet bleiben, während Investitionen in Bildung, Wohnbau und Infrastruktur weiterhin Priorität haben. Doch wie sieht die Stadt die Zukunft? Im Interview gibt Albel Einblicke in die Herausforderungen und Pläne der Draustadt.

Bürgermeister Günther Albel im Interview:

Herr Bürgermeister, Villach rechnet im kommenden Jahr mit einem Budget-Minus von fast 14 Millionen Euro. Was haben Sie als Finanzreferent falsch gemacht? 

Gegenfrage: Wie kann es sein, dass 1600 von 2100 österreichischen Gemeinden plötzlich im Minus sind? Haben alle gleichzeitig das Rechnen verlernt? Oder liegt das Problem doch woanders? Gemeinden sind bei ihren Einnahmen nicht selbstbestimmt. Sie erhalten einen Großteil ihres Geldes vom Bund zugewiesen. Als Anteil an den Steuereinnahmen in Österreich. Dieser Anteil sinkt derzeit. Gleichzeitig explodieren aber die verpflichtenden Ausgaben. Deshalb geht es sich beim Budget nicht mehr aus. Auf den einzelnen Bürger runtergerechnet: Der Chef zahlt dem Mitarbeiter deutlich weniger als bisher, er erhält dafür aber zusätzliche Aufgabenbereiche und Miete, Essen, Strom sowie Treibstoff werden deutlich teuer. Dann wird der Mitarbeiter irgendwann kein Geld mehr haben. So ergeht es derzeit allen 2100 Gemeinden. Mit Villach hat das nichts zu tun. Uns fällt nun das Motto eines früheren Kanzlers auf den Kopf: „Koste es, was es wolle“…

Was bedeutet es für die Bürger, wenn eine Gemeinde kein Geld mehr hat? 

Das hat dramatische Folgen. Gemeinden haben Pflichtaufgaben, etwa die Pflege der Infrastruktur, die Erhaltung von Kindergärten und Pflichtschul-Gebäude oder das Melde- und Reisepasswesen, um nur drei Bereiche zu nennen. Diese Pflicht-Aufgaben verbrauchen den Großteil des Budgets. Zusätzlich gibt es freiwillige Leistungen, bei denen die Gemeinde sagt: „Mit diesem Geld unterstützen wir Arbeiten, die gut für die Gesellschaft sind.“ Das sind Sozialleistungen und Subventionen für Vereine. Sport, Kultur, Gesellschaft, Integration – alle diese Aufgaben, die Vereine zum Wohle der Gesellschaft erledigen. Nur bei diesen freiwilligen Leistungen darf und kann eine Gemeinde sparen. In Villach habe ich als Finanzreferent aber für 2025 festgelegt:  Wir kürzen keine einzige Sozialleistung und keine einzige Subvention. Das werden nicht alle Gemeinden schaffen.

Die Hilfszahlungen bleiben also erhalten. Aber kann sich Villach darüber hinaus überhaupt noch irgendwelche Investitionen leisten? 

Natürlich. Dafür habe ich als Finanzreferent im Zusammenspiel mit der hervorragenden Villacher Wirtschaft gesorgt. Deren Kommunalsteuer-Einnahmen wachsen nämlich auch in schwierigen Zeiten. Und darum können wir zum Beispiel weiterhin in Bildung investieren. Wir verbessern das Angebot bei Schulen und Kindergärten, damit unsere Kinder von klein auf beste Bedingungen vorfinden. Wir haben gerade erst den Kindergarten im Technologiepark eröffnet und bauen den nächsten – in der Richard-Wagner-Schule. Wir helfen damit unseren Familien.

Man liest oft, dass die Stadt Villach bei ihren Ausgaben sparen soll, zum Beispiel bei den Mitarbeitern im Rathaus. Sie sind auch Personalreferent der Stadt. Wieso passiert in diesem Bereich nicht mehr? 

Ich kenne keine Stadt, in der diesbezüglich mehr passiert. Vor kurzem hat eine Tageszeitung eine Statistik der größten Städte veröffentlicht: Wie viele Rathaus-Mitarbeiter gibt es pro 1000 Einwohner? So lassen sich Städte miteinander vergleichen. Villach ist die zweitbeste Stadt! Wir haben beinahe den niedrigsten Mitarbeiter-Stand. Und diese Mitarbeiter haben bereits vor drei Jahren – als einziges Amt in Österreich – eine Nulllohnrunde akzeptiert. Das hilft uns, Millionen zu sparen. Trotzdem sparen wir auch im kommenden Jahr wo wir können. Ein eigener Effizienzsteigerungs-Prozess, an dem alle Abteilungen beteiligt sind, ist voll im Laufen.

Zuletzt haben sich die Leerstände in der Innenstadt vermehrt. Ist Villach unattraktiv? 

Das Gegenteil stimmt. Villach ist jener Bezirk in Kärnten, der am stärksten wächst. Die Menschen ziehen gerne zu uns, vor allem aus Italien, Deutschland, Slowenien, Kroatien und Bosnien. Leger gesagt: unsere europäischen Nachbarn. Wenn man mit Unternehmern spricht, die zusperren, werden die extrem gestiegenen Kosten bei Mieten, Energie und Personal als Gründe genannt. Da geht es der Privatwirtschaft gleich wie uns als öffentliche Hand. Die Bundesregierung hat eine beispiellose Inflation durch das Land fegen lassen – nun müssen wir alle die Suppe auslöffeln. Dieses Bundes-Versagen ist meiner Meinung nach in der Zweiten Republik einzigartig. Denn diese Inflationsschäden gehen nie mehr weg und beeinträchtigen den Wirtschaftsstandort Österreich auf Dauer. Ich fürchte, wir werden 2025 noch schlimme Firmenpleiten erleben.

Zurück zu Villach: Was werden größere Projekte im Jahr 2025 sein? 

Wir setzen unsere Offensive für geförderten Wohnbau fort, 150 Wohnungen sind im Entstehen. Zusätzlich verhandeln wir über die nächsten Kontingente. Denn beim geförderten Wohnbau muss jede einzelne Einheit vom Land Kärnten genehmigt werden. Diese Wohnungen sind für uns besonders wichtig, da die Mietpreise jedenfalls unter dem Niveau privater Vermieter liegen. Weiters starten die Arbeiten für den Genussmarkt am Kaiser-Josef-Platz. Dieser Markt soll ein Highlight im Alpen-Adria-Raum werden. Die Umbauarbeiten der Richard-Wagner-Schule zu einem modernen Bildungscampus nähern sich hingegen dem Ende. Dort werden eine Schule und ein Kindergarten untergebracht. Beim Öffentlichen Verkehr weiten wir die Betriebszeiten aus und wir setzen die Begrünung der Innenstadt mit Bäumen auf dem Hauptplatz fort. All diese Vorhaben verbessern das Leben der Villacher.

Was ist mit der zweiten Eisfläche, die seit einer gefühlten Ewigkeit versprochen wird? 

Wir haben als Stadt alle behördlichen Vorarbeiten geleistet und nun mit den Ausschreibungen begonnen. Baubeginn wird im Sommer 2025 sein.

Letzte Frage: Warum können wir uns eine zweite Eisfläche leisten, aber kein Obdachlosenheim? 

Weil wir in Villach eine bessere Lösung für das quantitativ geringe Problem Wohnungslosigkeit haben. Wir bieten den zum Glück sehr wenigen Villacherinnen und Villachern, die betroffen sind, eine kleine Wohnung und sechs Monate lang Betreuung an, etwa beim Umgang mit Behörden. Diesen Ansatz nennt man „Housing First“. Es gibt damit hervorragende Erfahrungswerte in anderen Ländern. Seit einigen Monaten ist dieses Prinzip auch in Österreich von der Bundesregierung erwünscht und wird gefördert. Ich bin überzeugt, dass dieser Ansatz, den wir in Villach in abgeschwächter Form schon seit Jahren verfolgt haben, wesentlich besser ist als ein Bettenlager für Wohnungslose. Wir wollen, dass jeder Betroffene eine faire Chance hat, sich in die Mitte der Gesellschaft zurückzuarbeiten.

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Trotz Finanzdruck: Villach setzt weiterhin auf Investitionen in Bildung, Wohnbau und Infrastruktur.
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Mehr Grün in der Innenstadt: Villach plant die Begrünung des Hauptplatzes mit zusätzlichen Bäumen.
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Neubau im Technologiepark: Villach investiert weiterhin in Bildung und moderne Infrastruktur
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Villach spart effizient: Das Rathaus-Team akzeptierte bereits eine Nulllohnrunde und setzt auf schlanke Strukturen.

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