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/ ©Unsplash/Emil Kalibradov
Symbolfoto von 5min.at: Mann zeigt eine leere Brieftasche in die Kamera.
Die Metalltechnische Industrie (MTI) steht vor großen Herausforderungen.

42.000 Österreichern wird Teil der Gehaltserhöhung „gestrichen“

Die Metalltechnische Industrie (MTI) kämpft mit Rezession, Produktionsrückgängen und Stellenabbau. Eine Kürzung der Gehaltserhöhung soll zum Teil helfen, doch Arbeitnehmer tragen die Nachteile.

von Sabrina Tischler
Sabrina Tischler Online Redaktion 5 Minuten
3 Minuten Lesezeit(613 Wörter)

Die Metalltechnische Industrie (MTI) steht vor großen Herausforderungen: Seit drei Jahren befindet sich die Branche in der Rezession. Besonders alarmierend sind die Produktionsrückgänge und der Rückgang von Arbeitsplätzen, der sich bis ins Jahr 2025 weiter fortsetzen könnte. Gleichzeitig versucht die Branche, mit Maßnahmen wie der Wettbewerbs- und Beschäftigungssicherungsklausel (WBSK) gegenzusteuern. Doch ganz zum Nachteil der Arbeitnehmer.

Gehaltserhöhungen werden reduziert

„Die Klausel ermöglicht es den Betrieben, die im Herbst 2024 vereinbarte Erhöhung der Löhne und Gehälter um bis zu 1,5 Prozent zu reduzieren. Das hilft den betroffenen Betrieben, ist aber leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein, denn die Situation unserer Branche ist dramatisch schlecht“, erklärt Christian Knill, Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie. Insgesamt hätten 72 Betriebe der Metalltechnischen Industrie diese Klausel auf Betriebsebene vereinbart. Knill weiter: „Nach der bis 15. Jänner 2025 erfolgten Zustimmung der Sozialpartner betrifft dies nun insgesamt rund 17.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserer Branche.“ In der gesamten Metallindustrie sind es 106 Betriebe mit 41.896 Beschäftigten.

Die Wettbewerbs- und Beschäftigungssicherungsklausel (WBSK):

In Betrieben, die eine hohe Personaltangente aufweisen oder sich in einer besonders schwierigen wirtschaftlichen Lage befinden, erhöhen sich die nachhaltigen IST-Löhne und -Gehälter um 3,3 Prozent bzw. 4,05 Prozent. Der jeweils anzuwendende Prozentsatz wird betriebsindividuell ermittelt. Grundlage ist eine Formel, die den Personalaufwand im Verhältnis zur Wertschöpfung errechnet. Liegt der Personalaufwand über 75 bzw. 90 Prozent der Wertschöpfung, haben die Bundesgremien der Sozialpartner die Ausgestaltung der Lohnerhöhung auf die betriebliche Ebene übertragen. Dies hat den Vorteil, dass die Beteiligten vor Ort besser einschätzen können, was für die Beschäftigten und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu tun ist. Als Ausgleich wird, wie bereits im Vorjahr, eine einmalige Mitarbeiterprämie oder Freizeit vereinbart.

Quelle: MTI

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Weniger Lohn, weil sonst droht Arbeitsplatzverlust?

Die MTI stellt einen Vergleich zu Deutschland auf. In der Aussendung heißt es: „In Österreich sind die Tariflöhne seit 2020 um 22,5 Prozent gestiegen, in Deutschland hingegen, dem mit Abstand wichtigsten Exportmarkt und Sitz vieler Mitbewerber auf den internationalen Märkten, nur um 9,6 Prozent.“ Laut Knill seien die Produktionskosten in Österreich mittlerweile zu hoch, weshalb die Branche mit den Preisen auch nicht mehr konkurrenzfähig sei. Die Folge: „Das führt auch dazu, dass wir nicht mehr alle Beschäftigten halten können und Produktion bereits zum Teil in andere Länder verlagert wird.“ Im Jahr 2024 wird die Zahl der Beschäftigten in der Metalltechnischen Industrie nach ersten Hochrechnungen um rund 5.000 Arbeitsplätze gesunken sein. Auch im Jahr 2025 sei mit einem weiteren Beschäftigungsrückgang zu rechnen, WENN „es nicht gelingt, die Lohnstückkosten auf ein wettbewerbsfähiges Niveau zu senken.“ Sprich weniger Gehalt und Lohn für die Arbeitnehmer.

Lohnabschlüsse als „Belastung für Unternehmen“

Knill sieht demnach „die viel zu hohen Lohnabschlüsse der letzten Jahre“ sowie zusätzliche gestiegene Kosten als zusätzliche Belastung für die Unternehmen. „Die Senkung der Lohnnebenkosten ist für viele Unternehmen überlebensnotwendig, das wäre ein erster wichtiger Schritt. Und wir brauchen eine grundlegende Neuausrichtung der Lohnpolitik. Ein ‚Weiter so‘ bedeutet den Verlust tausender Arbeitsplätze und in Folge auch des Wohlstandes breiter Bevölkerungsschichten in Österreich.“

Gewerkschaften kritisieren: „Das ist ungerecht“

Die Aussagen der Arbeitgeberseite sorgen bei den Gewerkschaften für Aufschrei. „Anstatt gemeinsam eine Industriestrategie auf europäischer und österreichischer Ebene zu fordern, wollen sich die Unternehmer an den Arbeitnehmern abputzen. Das ist aus ihrer Sicht zwar einfach, aber falsch“, so Reinhold Binder, Bundesvorsitzender der Produktionsgewerkschaft (PRO-GE) und Karl Dürtscher, Bundesgeschäftsführer der Gewerkschaft GPA. Beide Gewerkschafter halten fest: „Die hohen Lohn- und Gehaltsabschlüsse der vergangenen Jahre waren eine Folge der hohen Teuerung, gegen die die Arbeitgeber mit keinem Wort vorgegangen sind. Das ist ungerecht.“

Lösungen gefordert

Die Gewerkschaften fordern andere Lösungsansätze. „Lohnnebenkosten zu senken, ohne eine Gegenfinanzierung zu bieten, bedeutet nichts anderes als den Sozialstaat anzugreifen. Was es eigentlich braucht, ist ein massiver Ausbau an Infrastruktur sowie gezielte Investitionsförderungen im Rahmen einer umfassenden Industriestrategie, am besten verschränkt mit unseren Nachbarländern und ganz Europa, anstatt nicht treffsicherer Steuersenkungen. Die Gewerkschaften stehen für ein gemeinsames Bemühen in diesem Zusammenhang gerne zur Verfügung. Ein Abwälzen der schlechten Wirtschaftslage, die vor allem von hohen Energiepreisen aufgrund des russischen Angriffskriegs sowie der Welthandelslage verschuldet ist, auf die Arbeitnehmer, wird es mit uns nicht geben“, schließen Binder und Dürtscher.

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