
Neue Sozialhilfe in der Steiermark: Kürzungen für alle Bezieher
In Graz beziehen 9.438 Menschen Sozialunterstützung - das sind 3,08 % der Bevölkerung. Die geplante Gesetzesänderung trifft aber vor allem jene, die sich kaum helfen können: Kinder, Alleinerziehende und Menschen mit Behinderungen.
Seit 1. Jänner 2022 regelt das Steiermärkische Sozialunterstützungsgesetz die Existenzsicherung jener Menschen, die ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können. Aktuell erhalten in Graz 9.438 Personen in 4.669 Haushalten Sozialunterstützung. Das entspricht 3,08 Prozent der Bevölkerung mit Hauptwohnsitz. Von diesen Menschen sind 2.678 Männer, 3.254 Frauen und 3.506 Kinder – also rund 37 Prozent Kinder. Nur 3.393 Personen sind verpflichtet, aktiv Arbeit zu suchen. Alle anderen sind außerhalb der Erwerbsfähigkeit, etwa wegen Kinderbetreuung, Krankheit oder Pensionsalter. Damit betrifft die Arbeitsmarktregelung lediglich 1,11 Prozent der Grazer Bevölkerung. Fast die Hälfte aller Bezieher – 45,83 Prozent (4.325 Personen) – sind sogenannte „Aufstocker“. Sie erhalten Sozialunterstützung ergänzend zu anderen, meist sehr niedrigen Einkommen, etwa aus Erwerbsarbeit, AMS-Leistungen, Unterhalt oder Pension.
Kürzungen für alle Bezieher
Die geplante Novelle des Sozialunterstützungsgesetzes führt zu spürbaren Leistungskürzungen in allen Bereichen. Der Höchstsatz wird von 100 auf 95 Prozent des Ausgleichszulagenrichtsatzes gesenkt. Gleichzeitig wird die Wohnkostenpauschale von 20 auf 15 Prozent reduziert und zwar auf Basis des bereits gekürzten Satzes. Damit kommt es zu einer doppelten Kürzung. Besonders betroffen sind Alleinerziehende und Familien mit mehreren Kindern. Die Zuschläge für Minderjährige werden stärker degressiv gestaltet, was die monatlichen Beträge weiter senkt. Auch Menschen mit Behinderungen sind indirekt betroffen: Ihr Zuschlag bleibt nominell gleich, fällt durch die allgemeine Reduktion aber de facto geringer aus.
Kahr: „Niemandem geht es besser, wenn es anderen schlechter geht“
Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) betonte in einer Pressekonferenz am Freitag, dem 10. Oktober 2025, gemeinsam mit Vertretern des Sozialamts Graz, die sozialen Folgen der Novelle. „Niemandem geht es besser, wenn es anderen schlechter geht. Daran muss man denken, wenn solche Entwürfe als Verbesserung dargestellt werden“, so Kahr. Sie warnte: „Vor allem Alleinerziehende und Familien mit mehreren Kindern laufen bei Umsetzung der Novelle Gefahr, ihre Wohnungen aufgrund fehlender Mittel zu verlieren. Die bereits bestehende Kinderarmut wird zunehmen. Unterm Strich bekommen alle weniger, selbst jene, bei denen von Seiten des Landes Verbesserungen in Aussicht gestellt wurden – zum Beispiel Alleinerzieherinnen und Menschen mit Behinderung.“

Kinderarmut und neue Kosten für die Stadt
Die Stadt Graz befürchtet, dass durch die Kürzungen die Armut besonders unter Kindern zunimmt. Schon jetzt leben rund 140 Kinder in städtischen Wohnungseinrichtungen, 80 Prozent davon in Alleinerzieher-Haushalten. Zudem entstehen der Stadt neue Kosten, weil künftig die Gemeinden Härtefälle allein kompensieren müssen. Bisher teilten sich Land und Stadt die Kosten im Verhältnis 60 zu 40 Prozent – das fällt mit der Novelle weg. So könnten trotz einer geschätzten Einsparung von 3 Millionen Euro beim Land langfristig Mehrkosten durch Notmaßnahmen entstehen.
Fakten, die Mythen entkräften
Entgegen vieler Vorurteile sind nur etwa ein Drittel der Bezieher überhaupt arbeitsfähig; das entspricht nur einem Prozent der Grazer Bevölkerung. Kinderreiche Familien machen nur 2,2 Prozent aller beziehenden Haushalte aus. Der überwiegende Teil der Unterstützungsleistungen geht somit an Menschen, die nicht arbeiten können, nicht an jene, die nicht wollen.
Neue steirische Sozialunterstützungs-Novelle:
Gilt ab 2025, regelt die Unterstützung für Menschen, die ihren Lebensunterhalt nicht selbst sichern können.
- Betroffene in Graz:
9.438 Personen in 4.669 Haushalten
Das sind 3,08 % der Grazer Bevölkerung
37 % davon Kinder
Nur 3.393 Personen (1,11 % der Bevölkerung) sind arbeitspflichtig
45,83 % sind sogenannte „Aufstocker“ – sie erhalten zusätzlich zu niedrigem Einkommen Unterstützung
- Wesentliche Änderungen der Novelle:
Höchstsatz sinkt von 100 % auf 95 % des Ausgleichszulagenrichtsatzes
Wohnkostenpauschale sinkt von 20 % auf 15 %
Kinderzuschläge werden degressiv reduziert
Alleinerziehenden-Zuschläge werden deutlich gekürzt
Zuschlag für Menschen mit Behinderungen bleibt bei 18 %, sinkt aber de facto durch die allgemeine Reduktion auf etwa 13 %
- Besonders betroffen:
Alleinerziehende und Familien mit mehreren Kindern
Kinder und Jugendliche
Menschen mit Behinderungen
Geflüchtete
- Folgen laut Stadt Graz:
Steigende Kinderarmut
Gefahr von Wohnungsverlusten
Mehrkosten für die Gemeinden, da sie künftig Härtefälle allein tragen müssen
Erwartete Ersparnis für das Land: rund 3 Mio. Euro