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Bereitschaftsdienste und Ordinationszeiten sollen eingeschränkt werden

Ordinationen zu? Kärntner Hausärzte planen Streiks

Die Kärntner Ärztekammer hat am Mittwoch, den 28. Februar 2024 Protestmaßnahmen im Tarifstreit mit der Gesundheitskasse (ÖGK) für die kommenden Wochen angekündigt.

von Elisa Auer
5 Minuten Lesezeit(1043 Wörter)

Die Ärzte pochen auf Nachverhandlungen, die vorläufig vereinbarten 3,5 Prozent Inflationsanpassung für Kassenhonorare reichen ihnen nicht aus. Weil die Kasse nicht gesprächsbereit ist, werden nun Leistungen eingeschränkt. Ab Mitte März wird der hausärztliche Bereitschaftsdienst zurückgefahren, dann folgen reguläre Ordinationszeiten.

3,5-Prozent-Erhöhung sei „inakzeptabel“

„Es ist inakzeptabel, dass die ÖGK die gesamten Kassenhonorare im Jahr 2024 nur um 3,5 Prozent anhebt, obwohl die Inflation im Betrachtungszeitraum mehr als neun Prozent beträgt“, so Ärztekammerpräsident Markus Opriessnig am Mittwoch. Zuerst werde man die Ordinationszeiten bezirksweise deutlich einschränken, wenn nötig auch landesweit. „Wenn diese Maßnahmen die ÖGK nicht zurück zu vernünftigen Gesprächen am Verhandlungstisch bringen, wird die Ärztekammer in letzter Konsequenz den Vertrag kündigen. Patientinnen und Patienten müssten dann für jeden Arztbesuch zahlen und bei der ÖGK um eine Rückerstattung der Kosten ansuchen.“

Nachträgliche Tarifanhebung als „Informationsausgleich“

Die ÖGK teilte zu dem Tarifstreit Anfang Februar mit, die Kärntner Ärztekammer fordere eine nachträgliche Tarifanhebung als „Inflationsausgleich“. Da eine solche vertraglich nicht vereinbart sei, könne man sie nicht umsetzen. Laut ÖGK würde 2024 eine Honorarsteigerung über der Inflationsrate erwartet.

Ärztekammer sieht dringenden Handlungsbedarf

„Da die Kassenvertragsverhandlungen erfolglos waren, sind wir gezwungen, der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) durch Protestmaßnahmen eines klar zu machen: Die Kärntner Ärztinnen und Ärzte mit Kassenvertrag akzeptieren Honorarkürzungen durch Nichtabdeckung der Inflation nicht. Wir müssen in den nächsten Wochen um eine faire Behandlung kämpfen. Es ist inakzeptabel, dass die ÖGK die gesamten Kassenhonorare im Jahr 2024 nur um 3,5 Prozent anhebt, obwohl die Inflation im Betrachtungszeitraum mehr als 9 Prozent beträgt. Die ÖGK wird die Verantwortung tragen müssen, wenn die gesundheitliche Versorgung beeinträchtigt wird“, teilen der Präsident der Kärntner Ärztekammer Markus Opriessnig und der Sprecher der niedergelassenen Ärzte Wilhelm Kerber mit.

Ab Mitte März wird „zurückgefahren“

Die Kärntner Ärztekammer hat einen Stufenplan erarbeitet: Dieser sieht neben Ablaufbeeinträchtigungen in der internen administrativen Zusammenarbeit mit der ÖGK, ab Mitte März ein Zurückfahren im Besetzungsplan im hausärztlichen Bereitschaftsdienst an Wochenenden und Feiertagen und deutliche Reduzierungen im Ordinationsbetrieb vor. Zuerst einmal bezirksweise, und wenn nötig landesweit. „Wenn diese Maßnahmen die ÖGK nicht zurück zu vernünftigen Gesprächen am Verhandlungstisch bringen, wird die Ärztekammer in letzter Konsequenz den Vertrag kündigen. Patientinnen und Patienten müssten dann für jeden Arztbesuch zahlen und bei der ÖGK um eine Rückerstattung der Kosten ansuchen“, zeigt Opriessnig auf. Diese Kampfansage der Kammerführung ist das Ergebnis mehrerer Versammlungen der Kärntner Niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Die bisher letzte und größte fand Montagabend in Klagenfurt statt, an der über 100 Ärztinnen und Ärzte teilgenommen haben. Solidarisch und geschlossen forderte man: Fairness für die Kärntner Ärztinnen und Ärzte.

„Tropfen bringt das volle Fass zum Überlaufen“

Dabei zeigte sich, wie groß die Unzufriedenheit in der Ärzteschaft ist. Die Ertragskraft der Kassenordinationen hat sich in den vergangenen Jahren durch Inflation und Teuerung (z.B. Mitarbeiterkosten, Mieten, Energiekosten, Versicherungsbeiträge) sowie immer neue bürokratische Auflagen deutlich verschlechtert. Die Ärztinnen und Ärzte erleben, wie die ÖGK die administrativen Belastungen laufend erhöht. Dieser Frust wird jetzt noch empfindlich gesteigert, weil die ÖGK der Ärzteschaft den Ausgleich der Inflation verweigert. Es geht dabei um rund 7 Millionen Euro. Das ist sozusagen der Tropfen, der das volle Fass der Unzufriedenheit zum Überlaufen bringt“, betont Wilhelm Kerber.

Protestmaßnahmen „notwendig“

Den Kärntner Ärztinnen und Ärzten werde damit etwas vorenthalten, was allen anderen Berufsgruppen für das Jahr 2024 selbstverständlich zugestanden wurde. Die ÖGK brauche auch gar nicht mit dem Argument zu hoher Kosten kommen. Denn aufgrund der Lohn- und Pensionserhöhungen ihrer Versicherten erziele sie die notwendigen Mehreinnahmen, so lautet die Kritik. „Sie will ihre Beitrags- und Mehreinnahmen nur nicht an die Ärzteschaft weitergeben. Dieser Umstand zeigt auch, wie wenig Wertschätzung die ÖGK den Kärntner Ärztinnen und Ärzten entgegenbringt. Gleichzeitig behauptet sie in der Öffentlichkeit, dass sie die Kassenmedizin attraktiver machen wolle. In Kärnten macht die ÖGK aber genau das Gegenteil“, beschreiben Präsident Opriessnig und Kurienobmann Kerber abschließend, warum die Kärntner Ärzteschaft sich gezwungen sieht, der ÖGK mit Protestmaßnahmen die notwendige Fairness und Wertschätzung abringen zu müssen. (APA/red, 28. 2. 24)

Diskrepanz zwischen ÖGK und Ärztekammer

Die ÖGK teilte zu dem Tarifstreit Anfang Februar mit, die Kärntner Ärztekammer fordere eine nachträgliche Tarifanhebung als „Inflationsausgleich“. Da eine solche vertraglich nicht vereinbart sei, könne man sie nicht umsetzen. Laut ÖGK würde 2024 eine Honorarsteigerung über der Inflationsrate erwartet. Die Ärztekammer präsentierte am Mittwoch hingegen ein „Zusatzübereinkommen“: Demnach hätten Ärztekammer und ÖGK „für den Fall, dass die Inflationsrate für den Zeitraum Oktober 2022 bis September 2023 größer gleich fünf Prozent“ ist, verbindliche Gespräche vereinbart.

„Kampfmaßnahmen nicht auf dem Rücken Kranker austragen“

Die Kärntner Gesundheitsreferentin, Beate Prettner (SPÖ), erklärte am Mittwoch, sie hoffe auf ein „Einlenken der ÖGK-Spitze in Wien“. Zu den angedrohten Maßnahmen der Ärztekammer rief Prettner die Ärzte auf, sich ihrer Verantwortung gegenüber den Patientinnen und Patienten bewusst zu sein: „Bitte tragen Sie Ihre Kampfmaßnahmen nicht auf dem Rücken kranker und auf Sie angewiesener Menschen aus.“ Gemeinsam mit der ÖGK Kärnten und anderen Partnern will Landesrätin Prettner „für den Fall, dass die Ärzteschaft tatsächlich bis zum Äußersten geht, alle Maßnahmen treffen, um die Kärntner Bevölkerung im akuten Krankheitsfall bestmöglich versorgen zu können.“ Dazu laufen bereits konkrete Gespräche. „Ich hoffe aber, dass es dazu nicht kommen muss“, so Prettner.

„Ein Streik wäre das Schlimmste“

Team Kärnten-Chef Bgm. Gerhard Köfer stellt sich in der aktuellen Diskussion schützend vor die heimischen Ärzte: „Sie leisten Unglaubliches und sind mitunter die wichtigsten Stützen unseres Gesundheitssystems. Diesem Faktum muss sich auch die Gesundheitskasse (ÖGK) bewusst sein.“ Köfer weiter: „Alle Verhandlungspartner sind in der Pflicht, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Ein Streik in der Karwoche wäre das Schlimmste, was passieren kann.“ Im aktuellen Tarifstreit mit der ÖGK sei es für Köfer klar, dass es zu Nachverhandlungen kommen müsse und die aktuelle Regelung nicht adäquat sei.

Hinweis: Dieser Beitrag wurde am 28.02.2024 um 23:09 Uhr aktualisiert

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