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/ ©Montage: The Fagtory/Julia Schuster/5 Minuten

Veranstalter zu „Fagtory“-Kritik: „Wollen keine elitäre Sexparty sein“

Sex-positive-Party, Queer-Event oder einfach eine lässige Veranstaltung? Was genau ist die "Fagtory" nun, wofür steht die Feier und welche gesellschaftliche Message will sie nach außen tragen?

von Elisa Auer
5 Minuten Lesezeit(1164 Wörter)

Die Veranstaltungsreihe „Fagtory“ ist zurzeit in aller Munde – wir waren bereits live dabei und haben exklusiv für euch berichtet. Bei dem Fest, welches für viele als Sex-positive-Party ein Begriff ist, handelt es sich vorrangig um ein Queer-Event. Vermehrt wurden nun innerhalb der Community Stimmen laut, welche die Entwicklung der Veranstaltungsreihe kritisieren.

Die Party polarisiert

Lange Wartezeiten beim Einlass, zu großer Ansturm, mangelnde Abfrage der Veranstaltungsregeln am Eingang sind einige der Punkte, die hinsichtlich der Umsetzung des Events bemängelt werden. Auch, dass medial die Veranstaltung als Sex-positive-Party propagiert wird, unterliegt der Kritik. In Graz gibt es abgesehen von der „Fagtory“ wenig Angebote für Homosexuelle, wird dabei betont, weshalb einige aus der Community nun bemängeln, dass die beliebte Veranstaltung zu einem Mainstream-Event geworden ist. Die Party findet sich in einem Spannungsverhältnis wieder: Ein „queeres Event“ ist eine Veranstaltung für jeden, egal welche sexuelle Orientierung oder welches Geschlecht die Person hat. Dabei zentral ist das Credo: Niemand soll ausgegrenzt werden. Trotzdem ist es so, dass Sex-Positive-Partys extrem im Trend liegen und deshalb auch Leute angelockt werden, die das liberale, offene, auf Consent aufbauende Mindset, welches eigentlich auf der „Fagtory“ hochgelebt wird, nicht ganz so verinnerlicht haben. Nun beanstanden einige, dass nun auch die letzte queere Veranstaltung in Graz, nachdem es auch das „Charma“ nicht mehr gibt, von hetero-normativem Publikum „vereinnahmt“ wurde. Wir haben den Veranstalter, Joe Niedermayer von den RosaLila PantnerInnen für euch exklusiv zu dieser Thematik befragt.

Aus queerem Event wurde plötzlich „Place to be“

Einmal im Monat wird zur „Fagtory“ in die Postgarage geladen. Der Andrang ist mittlerweile enorm, bereits mehrere Tage vor dem Event sind die Vorverkaufstickets vergriffen. An der Abendkasse kann man mit mehreren Stunden Wartezeit rechnen – auch zu späterer Stunde staut es sich immer noch, die Hoffnung, doch noch mitfeiern zu können, dient dabei als Motivation. „Seit Corona sind wir explodiert“, berichtet Niedermayer vom plötzlichen Boom des Events. Ursprünglich war es gar nicht angedacht, dass die Party solche Ausmaße nehmen sollte. Das Gute daran? Die Einnahmen fließen in die Organisation RosaLila PantherInnen, die damit ihre Projekte finanzieren können.

Die „Fagtory“ ist eine Party für ALLE

Die Postgarage kann 1200 Personen in ihre Hallen unterbringen, 900 Tickets können im Online-Vorverkauf erworben werden, weitere 100 Stück gibt es im Community-Center der RosaLila PantherInnen in der Annenstraße. Man muss folglich kein großer Rechenprofi sein, um zu erkennen, dass es nur wenige an der Abendkasse-Schlange nach drinnen schaffen werden. Nach welchen Kriterien aber wird dann gefiltert? Ist es die Einhaltung des Dresscodes oder die Verinnerlichung der Partyregeln, die dafür ausschlaggebend sind? Ein „kinky“ Kostüm mit Lack und Leder impliziert ja nicht gleichsam ein liberales und tolerantes Mindset. „Da wir nicht mehr viel Kontingent haben, sind wir an der Abendkasse dreifach streng. Wir fragen die Richtlinien ab und achten auf den Dresscode“, erklärt der Veranstalter, der dadurch „die Spreu vom Weizen trennen will“. Dabei geht es aber nicht zwingend um die Kleidung, sondern auch um die Reaktion der Person, wenn sie darauf angesprochen wird. Niedermayer betont, dass die „Fagtory“ bewusst ein Event für ALLE ist. „Die Veranstaltung folgt einem gesellschaftlichen Anspruch, wir sind keine elitäre Sexparty“, lautet die Begründung dafür, dass sich die Organisatoren bewusst gegen eine Türsteher-Kultur entschieden haben, wie sie beispielsweise im Berliner Kitkat-Club oder im Berghain betrieben wird. Auch Personen, die noch nicht so aufgeschlossen sind, will man dort die Chance geben, sich belehren zu lassen. Der Betreiber sieht die kurze Konversation beim Einlass als Möglichkeit, aufzuklären und ein Bewusstsein zu schaffen: „Wir können dadurch mit vielen Personen Gespräche zu queeren Themen führen“.

Ist der Dresscode verpflichtend?

Wie aber äußert sich der Vorstand der RosaLila PantherInnen zu den Vorwürfen bezüglich der Einlassbestimmungen und des Dresscodes? Die Sexualität und das Geschlecht der Personen spielen dabei keine Rolle, sehr wohl aber die Einstellung und das Verhalten. Es soll ein Space kreiert werden, in welchem keiner urteilt und sich auch niemand verurteilt fühlt. Dies kann man nur erreichen, wenn beim Publikum gezielt gefiltert wird. „Wir haben den Luxus, Leute abzuweisen. Lieber ist es mir, wir haben hundert Leute weniger, wenn dabei der Spirit erhalten bleiben kann.“ Ein kinky Outfit ist für den Einlass nicht erforderlich, betont Niedermayer, der dieses Missverständnis aus der Welt räumen will. „Wir predigen Body Positivity und ich kann keinen zwingen, sich sexuell zu kleiden, wenn sich die Person so nicht wohlfühlt. Deshalb gibt es auch immer eine zweite Kleidungsoption“ und diese ist oft mit einer Farbe oder Glitzer verbunden – Hauptsache schrill. Die Abfrage des Dresscodes dient aber sehr wohl als zusätzliche Filtermöglichkeit, „bei der man sieht, wer sich zuvor schon wirklich Gedanken“ gemacht hat.

Into the Dark

Besonders oft im Gespräch, wenn es um die Veranstaltung geht, ist der „berühmt-berüchtigte“ Darkroom – der Ort, wo man auf Tuchfüllung gehen kann. So richtig recht machen, kann man es diesbezüglich niemanden, das weiß auch der Veranstalter. Die „Fagtory“ orientiere sich bei der Umsetzung an einem klassisch für Homosexuelle konzipierten Darkroom, heißt es. Er ist gewollt heller und ungemütlicher gestaltet. „Die Art, wie ein Schwuler Consent sucht, unterscheidet sich davon, wie ein Heterosexueller Consent sucht. Deshalb kann etwas schnell als Übergriff und Grenzüberschreitung empfunden werden“, so weist Niedermayer auf die Problematik dort hin. Eine wirkliche ideale Lösung habe man noch nicht gefunden, da die Wünsche und Bedürfnisse, was diesem Raum betrifft, stark variieren.

Im Spannungsfeld zwischen Trend und Mainstream

In queeren Kreisen wird vermehrt der Vorwurf geäußert, die „Fagtory“ sei zu einem „hetero-normativen Mainstream-Event“ geworden. Dem wird hinzugefügt, dass es ansonsten wenig Angebot in Graz gibt, welches einen Safer Space für ein queeres Zielpublikum kreieren will. Auf die Kritik antwortet Joe Niedermayer mit einer Frage: „Wo ist denn die Community sonst, abseits der ‚Fagtory‘? Wir haben verschiedene Events und Vorträge in unserem ‚feel free‘-Community Center. Dieses Angebot könnte durchaus mehr genutzt werden“. Viele „Schwulen-Clubs“ seien laut Niedermayer auch deshalb zugrunde gegangen, weil „einfach niemand mehr hingegangen ist“. Er betont dabei, dass auch die Community ihren Teil dazu beitragen muss, um die Auswahl zu erweitern. Die RosaLila PantherInnen organisieren verschiedene Events, dazu braucht es aber auch einige helfende Hände, die mitanpacken.

Schon bald wird es Neuigkeiten geben…

Fest steht: Der plötzliche Ansturm auf das Event ist für die Veranstalter eine Überraschung gewesen. Die Organisation kratzt an den Ressourcen, freiwillige Helfer sind dabei nicht mehr ausreichend. Gleichzeitig sind die RosaLila PantherInnen stolz darauf, dass ihr Angebot so wohlwollend aufgenommen wird und auch, dass mittlerweile so viele Leute offen für solche Veranstaltungen sind. Niedermayer darf die Community aber beschwichtigen. Ein weiteres Queer-Event ist in Planung. Dies soll deutlich kleiner werden und auch keine Sex-positive-Party – an der konkreten Umsetzung tüftelt man jedoch noch.

Häufig gestellte Fragen

Der Begriff impliziert, dass man seine und die Sexualität anderer vorbehaltlos annimmt. Jeder soll sich sexuell entfalten können. Eine Norm existiert nicht mehr.

Quelle: Neue Zürcher Zeitung

Queere Partys schaffen für die LGBTIQ+ Community einen sicheren und befreienden Raum, um sich frei auszudrücken, zu tanzen und die Musik zu genießen, ohne Diskriminierung oder Vorurteile.

Quelle: queerfreiburg.de

Einmal im Monat

Da es immer zu langen Warteschlangen kommt, haben sich die Veranstalter dazu entschieden, den Einlass auf 22 Uhr vorzuverlegen.

Wenn du das Gefühl vermittelst, die Regeln nicht verstanden oder dich nicht an den Dresscode hältst, kannst du abgewiesen werden. Es gibt keine Einlassgarantie – auch nicht mit einem Vorverkaufsticket.

Yes is Yes und NO is NO.

Nein, die „Fagtory“ ist ein Event, wo alle herzlich willkommen sind, gemeinsam Diversität zu feiern.

Ja, es gibt einen separaten Darkroom im ersten Stock, der räumlich abgetrennt und gedimmt ist. An allen anderen Orten ist Sex nicht erlaubt.  

Heutzutage gibt es verschiedene Umsetzung. In manchen Darkrooms ist es fast dunkel, in anderen das Licht nur gedimmt. Manche sind größer, manche kleiner – hier zeigt sich eine breite Gestaltungsmöglichkeit. Ursprünglich wurden Darkrooms für Homosexuelle konzipiert, die sonst keinen Raum hatten, wo sie sich miteinander anonym treffen konnten.

Konsens, Respekt und Sicherheit. Alle sollen sich gut fühlen!

Am Eingang der „Fagtory“ werden Kondome verteilt, die unbedingt benutzt werden sollten, wenn es zum sexuellen Austausch kommt.

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