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Aktuell - Villach
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Urteil durch Schöffensenat:

Missbrauchsfall-Freispruch sorgte für Reaktionen

Landskron/Klagenfurt – Der diesen Donnerstag von einem Schöffensenat erfolgte Freispruch eines 31-jährigen Afghanen, der in einem Asylwerberheim in Villach/Landskron einen Buben und seine Schwester sexuell missbraucht haben soll, sorgte für zahlreiche Reaktionen im Netz. Kritisiert wurden vor allem das Urteil des Schöffensenates: Wie aber wird ein Urteil gefällt und wie wird man überhaupt zum Schöffen?

 2 Minuten Lesezeit (344 Wörter) | Änderung am 07.10.2016 - 21.48 Uhr

Die Entscheidung des Schöffensenats in Klagenfurt im verhandelten Missbrauchsfall (wir berichteten), sorgte für viel Unmut und etliche Fragen unserer Community. Wir sprachen mit Mag. Gabriele Reichmann von der Rechtsanwaltskanzlei Stromberger & Kracker-Semler aus Villach über den Einsatz eines Schöffensenats, die Urteilsfällung und die Berufung zum Schöffen.

„Die Laiengerichtsbarkeit wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts eingeführt, da die Berufsrichter vom absoluten Herrscher ernannt und von diesem beeinflusst wurden“, erklärt Reichmann. Dadurch sollte die Macht des Herrschers durch die Mitwirkung des Volkes begrenzt und kontrolliert werden. „Heute ist die Mitwirkung des Volkes an der Rechtsprechung im Bundesverfassungsgesetz verankert“, stellt die Rechtsexpertin fest.

 

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Rechtsexpertin Mag. Gabriele Reichmann, Kanzlei Stromberger – Kracker Semler: “Schöffen werden ausgelost. Es kann daher fast jeden treffen!”

Rechtsexpertin Mag. Gabriele Reichmann, Kanzlei Stromberger – Kracker Semler: “Schöffen werden ausgelost. Es kann daher fast jeden treffen!” - © KK

Wann werden Schöffen eingesetzt?

Mag. Gabriele Reichmann: „Grundsätzlich bei Straftaten, die mit einer fünf Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind, solange nicht das Geschworenengericht (grundsätzlich bei einem Strafrahmen größer als 10 Jahren) zuständig ist. Für bestimmte Straftaten gibt es da bei der Zuständigkeit aber Ausnahmen.“

Wie setzt sich ein Schöffensenat zusammen?

„In der Regel aus einem Berufsrichter und zwei aus dem Volk bestellten Schöffen.“

Wie wird das Urteil gefällt?

„Die Schöffen beraten und entscheiden gemeinsam mit dem Berufsrichter über die Schuld und die Strafe. Grundsätzlich entscheidet der Schöffensenat mit einfacher Mehrheit, wobei der Angeklagte  gegen die Stimme des Berufsrichters jedoch nicht verurteilt werden kann. Das bedeutet, wenn die beiden Schöffen für eine Verurteilung sind und der Berufsrichter für einen Freispruch, wird der Angeklagte freigesprochen. Auch wenn die beiden Schöffen für einen Freispruch sind und der Berufsrichter für eine Verurteilung, ist der Angeklagte freizusprechen. Zu einem Schuldspruch kommt es daher, wenn sowohl der Berufsrichter als auch zumindest ein Schöffe für einen Schuldspruch stimmen“.

Wie wird man Schöffe?

„Im Prinzip erfolgt die Auswahl über die Wählerevidenz nach einem Zufallsverfahren. Die Schöffen werden also ausgelost. Es kann daher fast jeden treffen“.