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Wirtschaft - Villach
Georg Overs im großen 5 Minuten Villach Interview
Georg Overs im großen 5 Minuten Villach Interview © KK

Politik im Tourismus:

„Ich versuche gegenzuhalten“

Villach – Der gebürtige Aachener Georg Overs leitet seit eineinhalb Jahren den Tourismus in unserer Region und verwaltet ein vier Millionen Euro Budget. Er hat seit seinem Amtsantritt die Digitalisierung im Tourismus vorangetrieben, versucht bei politischer Einflussnahme gegenzuhalten und würde sich eine Sonntagsöffnung der Geschäfte in Villach wünschen. Wir trafen ihn im Villacher Parkcafé zum Interview.

 14 Minuten Lesezeit (1700 Wörter) | Änderung am 22.04.2017 - 14.37 Uhr

Overs arbeitete 20 Jahre lang in Bayern, zuletzt leitete er den Tegernsee Tourismus. Nunmehr ist er seit eineinhalb Jahren in der Region Villach, Faakersee und Ossiachersee aktiv. Der begeisterte Basketballer, Wanderer, Radfahrer und Läufer ist viel unterwegs – vor allem in unserer Region, denn er will seinen Markt, die Unternehmen und das touristische Angebot noch besser kennenlernen. Er meint scherzhaft, dass das ganz zum Nachteil der Kärnten Card wäre: „Der Kärnten Card wünsche ich eines, dass nicht jeder Gast sie so intensiv nutzt wie ich“, lacht der 50-Jährige.

Was war bei Amtsantritt Ihr wichtigstes Ziel?

Wir sind und waren eine gute Marketingorganisation, müssen aber bei der Digitalisierung aufholen. Diese Mission der  “Digitalisierung” haben wir nun ein Jahr lang vorangetrieben.

Was bedeutet Digitalisierung?

Dieser Begriff ist sehr weit gefasst. Einerseits die Vermarktung der Region verstärkt über das Internet, Online-Buchungsportale, Bewertungsportale, aber auch wie der Gast die Region vor Ort mittels App wahrnehmen kann und wie die Gastgeber vor Ort die gesamten Prozesse digitalisieren können. Wir wollen beispielsweise die Arbeit der Gastgeber erleichtern – ein Beispiel dafür wäre der Online-Meldeschein.

Die Aufenthaltsdauer sinkt, die Nächtigungszahlen sind am Steigen. Worauf ist das zurückzuführen?

Die Nächtigungszahlen sind nicht der einzige Messfaktor, es geht auch um die Ankünfte. Diese konnten wir in den letzten Jahren nach oben schrauben. Das ist deshalb wichtig, weil die Aufenthaltsdauer sinkt. Die Gründe warum die Aufenthaltsdauer sinkt, sind nicht nur im Marketing zu suchen, es wirken hier auch geostrategische Themen auf uns ein. So bedauerlich es für die einzelnen betroffenen Länder ist, so positiv ist es für Kärnten. Mittelmeerziele sind schwierig oder schlecht bereisbar, dadurch rückt Kärnten wieder auf die Landkarte der Touristen – eine Chance, die wir nutzen müssen und zeigen, dass wir ganzjährig eine interessante Destination sind. Gäste, die uns jetzt ausprobieren, müssen wir bestmöglich bedienen. Bei der Mobilität haben wir aber noch einiges aufzuholen, denn immer mehr Gäste in den Städten haben kein Auto mehr und diesen Effekt müssen wir durch bessere Servicierung vor Ort lösen.

Wie ist Ihre Erwartungshaltung für das heurige Jahr?

Unsere Unternehmer, mit denen wir einen relativ engen Draht haben, sagen, dass die Vorbuchungslage sehr positiv aussieht. Wir werden deshalb sowohl bei den Ankünften, als auch bei den Nächtigungen im Sommer ein Plus erzielen. Bei der Aufenthaltsdauer gehen viele Experten davon aus, dass diese nunmehr ihren Boden gefunden hat. Der Kunde neigt wieder dazu, ein bisschen länger Urlaub zu machen. Hier müssen wir auch über die Wertschöpfung reden, denn diese Wertschöpfung ist bei kurzreisenden Gästen pro Tag naturgemäß etwas besser. Genau diese Wertschöpfung möchte ich stärker in den Fokus unserer Zielsetzung rücken. Das bedeutet: Wie hoch sind die Tagesausgaben, damit auch Villachs Innenstadt stärker vom Tourismus profitiert, aber auch die Gastronomen. Es geht nicht nur darum, Nächtigungszahlen zu erreichen, denn die kann ich am besten über den Preis erreichen. Wir müssen auch schauen, dass wir so viel Wertschöpfung erzielen, dass unsere Unternehmer genügend Geld verdienen, damit sie auch wieder reinvestieren können.

Wertschöpfung durch Wochenendreisende bei Unternehmen klingt spannend. Aber wo sollen die Gäste Einkaufen, wenn am Sonntag die Geschäfte zu haben? Denken wir an den Adria-Raum und ein dortiges Einkaufsvergnügen am Sonntag?

Dies ist natürlich nicht ganz einfach. Wir appellieren daran, die bestehenden Möglichkeiten der Gesetzgebung auszuschöpfen und sehen uns aber auch in der Pflicht zuerst einmal Gäste zu bringen, dann werden die Geschäftsleute schon nachziehen, wenn sie sehen, dass sich die Gäste und Bürger an den Schaufenstern die Nasen eindrücken. Dann werden sie schon wieder aufmachen.

Also damit steht Ihr Wunsch nach einer Sonntagsöffnung?

Wie gesagt, alles im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten. Dies wäre schon sehr wünschenswert, wenn wir hier erstmals alles ausschöpfen. Aber wir dürfen auch die Geschäftsleute nicht vergessen und die freie Marktwirtschaft. Es wäre aber eine gute Sache, wenn dies im Sommer mehr ausgenützt würde.

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Overs: “Ganz Kärnten profitiert von der Tourismusabgabe”

Overs: “Ganz Kärnten profitiert von der Tourismusabgabe” - © KK

Thema Tourismusabgabe. Diese stößt vielen bitter auf, denn jeder Unternehmer, egal ob Sägewerk oder Fitnesscenter zahlt sie, aber wohin fließt das Geld?

Dies ist im Tourismusgesetz eindeutig geregelt. Sie fließt an die touristischen Organisationen und Tourismusverbände, die Kärnten Werbung und die Regionen und wird dort für den Tourismus wieder eingesetzt, damit die Unternehmen die vom Tourismus profitieren – diese zahlen ja die Tourismusabgabe – natürlich eher mehr profitieren als weniger.

Wie soll ein Sägewerk oder ein Rechtsanwalt von der Tourismusabgabe profitieren?

Ich denke ganz Kärnten profitiert von der Tourismusabgabe. Wenn wir keinen Tourismus hier hätten, würde Kärnten ganz anders aussehen, deswegen ist dieser Begriff gesetzlich auch sehr weit gefasst worden. Ein Rechtsanwalt hat Mandaten in der Hotellerie und auch ein Sägewerk wird hoffentlich mittelbar, so hoffe ich, an der Renovierung von Hotels beteiligt sein.

Was passiert mit der Tourismusabgabe genau in Ihrer Organisation? Wofür werden die Mittel eingesetzt?

Wir sind zum einen für die Werbung, das klassische und das Online-Marketing für die Region zuständig und machen das gemeinsam mit unseren Gesellschaftern in Form einer entsprechenden Marketingplanung. Zum anderen stecken wir es immer mehr in das sogenannte Erlebnisraum-Management, weil wir der Meinung sind, dass wir das Produkt vor Ort verbessern müssen. Hier wird im Moment in die Inszenierung und Aufwertung der Wanderwege, in Radwege oder Mountainbike-Projekte investiert. Wir gehen mit dem Geld der Unternehmer verantwortlich um, um den Tourismus wieder so zu beleben, dass wir eine Spirale nach oben auslösen!

Von wieviel Geld sprechen wir hier im Jahr 2016?

Das Budget beläuft sich auf vier Millionen Euro.

Wer Ihr Facebook Profil genauer betrachtet sieht, Sie sind viel unterwegs. Was ist Ihnen wichtiger, nach außen zu wirken oder vor Ort zu sein?

Es ist ein Spagat, den man machen muss. Natürlich ist es wichtig, als Geschäftsführer auf den Märkten unterwegs zu sein – so etwas reicht online nicht aus. Ich halte dies transparent über Facebook. Aber genauso wichtig ist es, hier vor Ort präsent zu sein, zu hören was die Gäste und die Mitglieder sagen, um die Erwartungen zu erfüllen und vor allem deshalb, um das Marketing zu koordinieren und voranzutreiben. Dies tut man am besten, wenn man vor Ort ist.

Inwieweit spielt die Politik in Ihren Job hinein?

Durch das Tourismusgesetz ist meiner Meinung nach die Politik erheblich mehr aus dem Tourismus herausgehalten worden. Dort wo sie es versucht, versuche ich gegenzuhalten. Es gibt keinen farblich geprägten Tourismus. Ich kann nur sagen, im Vergleich zu anderen Regionen in den Alpen, ist das seit dem Tourismusgesetz deutlich entspannter, könnte sich aber noch ein wenig entspannen.

Ihr Wunsch war es, dass im Herbst und im Frühling mehr los ist. Was wurde im Bereich der Veranstaltungen initiiert?

Wir haben zuerst einmal das was da ist, konsequenter betrieben. Ein Beispiel wäre der Küchenkult. Wir haben es aber auch geschafft, dass im Herbst sowohl die Ossiacherseeschifffahrt als auch die Gerlitzen 14 Tage länger geöffnet haben. Dies ist zwar keine Veranstaltung, aber täglich nutzbar. Heuer werden wir dies mit einem Hüttenkult begleiten, wo der Küchenkult auf die Hütten zieht. Wir bespielen auch das Thema Wandern stärker. Ich durfte letztes Jahr viele regionale Veranstaltungen besuchen, diese versuchen wir stärker in unser Marketing einzubeziehen. Beeindruckt haben mich das Rindfleischfest, das Polentafest in Nötsch oder die Tour 3 auf dem Dreiländereck. Diese Veranstaltungen finden ohnehin statt und da brauchen wir nichts Neues erfinden, sondern dies einfach konsequenter ins Marketing einbeziehen.

Bedeutet dies dann mehr Subventionen für Veranstalter?

Die „Subventionitis“ ist bei uns nicht verstärkt ausgebrochen. Unser Ziel ist es, mehr Besucher zu den Veranstaltungen zu bringen, dann werden die Einnahmen automatisch für die Veranstalter steigen. In aller Regel bedeutet dies durch uns: Marketing.

Wird es die lange Tafel beim Projekt Küchenkult auch heuer wieder geben?

Ja, diese wird es erfreulicherweise auch heuer wieder geben. Medial kommt diese Veranstaltung ganz gut an und wir wollen sie auch ausbauen. Am 22. Juli wird es auf der Draubrücke wieder stattfinden. Dies ist unsere kulinarische Speerspitze, wo wir kommunizieren können, wie gut man in Villach essen kann.

Was kostet ein Sitzplatz bei der langen Tafel?

Dieser kostet 119,- Euro inklusive Wein. Ein guter Preis für diese kulinarische Spitzenleistung.

Wird die lange Tafel 2017 auch für mehr Gäste, also mit einem touristischen Nutzen, ausgelegt sein oder sehen wir viele heimische Politiker und Unternehmer an den Tischen sitzen?

Letztes Jahr war dies ein durch die Teilnehmer größtenteils finanzierter Probelauf. Natürlich hat man sich bei einigen Leuten auch bedanken müssen, die hier mitgewirkt haben, speziell aus den Tourismusverbänden. Ab jetzt ist es ein großes touristisches Projekt und wir werden darauf achten, dass möglichst viele Gäste dort sitzen, wobei auch die Gäste immer schätzen, wenn sie sich mit den Einheimischen mischen können.

Damit wird der Gästeanteil bei der nächsten langen Tafel größer sein, als der der heimischen Politiker und Unternehmer?

Definitiv.

Welche Eckpfeiler erwarten uns am Tourismustag?

Das Thema Mobilität vor Ort wollen wir erhöhen. Die ganz große Weiterentwicklung für ganz Kärtnen, und hier ist Villach federführend, ist der Bahnhof-Shuttle. Mehr dazu präsentieren wir am Tourismustag.

Ihre Bilanz auf Ihr Wirken?

Wir haben gemeinsam mit den Unternehmern und mit unserem Team sehr viel erreicht. Dies ist ein Gemeinschaftserfolg. Es könnte alles ein bisschen schneller gehen, aber wir versuchen auch möglichst viele Unternehmer mitzunehmen. Da hätte ich mir persönlich mehr Zeit gewünscht, mich überall zu präsentieren und mir noch mehr anzusehen in der Region. Ich bin sehr stolz auf die Unternehmer und unser Team, dass wir schon viel erreichen konnten.