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Kärntner Suchtgipfel. von li.n.re.: Oberst Gottlieb Türk, Leiter des Landeskriminalamts, Gesundheitsreferentin LHStv.in Beate Prettner, Barbara Drobesch, Leiterin der Unterabteilung Prävention und Suchtkoordination
Kärntner Suchtgipfel. von li.n.re.: Oberst Gottlieb Türk, Leiter des Landeskriminalamts, Gesundheitsreferentin LHStv.in Beate Prettner, Barbara Drobesch, Leiterin der Unterabteilung Prävention und Suchtkoordination © Büro LHStv.in Prettner

Erkenntnisse des Suchtgipfels

“Ein tödlicher Cocktail”

Kärnten – Heute fand der Kärntner Suchtgipfel statt. Erste Erkenntnisse: Der Mischkonsum von Drogen wird als eines der Hauptprobleme angesehen, die Zusammenarbeit mit der Ärztekammer soll gestärkt werden und eine genaue Analyse der bisherigen drogenbedingten Todesfälle soll erfolgen.

 5 Minuten Lesezeit (673 Wörter)

Der Kärntner Suchtgipfel der am heutigen Mittwoch unter Einbindung von Vertretern der Ärzteschaft, Drogenambulanzen, Streetwork und Exekutive auf Einladung von Gesundheitsreferentin LHstv.in Beate Prettner in Klagenfurt stattfand, brachte zahlreiche konkrete Ergebnisse und Arbeitsaufträge. „Unisono wurde von Seiten der Experten berichtet, dass eines der Hauptprobleme das geänderte Konsumverhalten der Patienten ist. Die Substanzen werden gemischt, zu den bekannten illegalen Drogen kommen verschreibungspflichtige Beruhigungsmittel und synthetisch hergestellte Produkte, deren Wirkung kaum bekannt ist. Das ganze ergibt einen tödlichen Cocktail“, erklärte Prettner bei der anschließenden Pressekonferenz. Auf Anregung der beim Gipfel anwesenden Mediziner solle daher die Bewusstseinsbildung und Schulung der niedergelassenen Ärzte verstärkt werden.

Todesfälle sollen analysiert werden

„Eine eigene Kommission wird sich alle Todesfälle in Folge von Suchtgiftkonsum der vergangenen Jahre anschauen und nach Gemeinsamkeiten suchen. Was bereits aufgrund der Obduktionsergebnisse zu beobachten ist: Fast alle Verstorbenen hatten Benzodiazepine genommen. Diese Schlaf- bzw Beruhigungsmittel werden häufig verordnet, stellen aber in Kombination mit illegalen Drogen eine große Gefahr dar“, so die Gesundheitsreferentin. Angeregt wurde von Seiten der Experten eine Art Medikamenten-Vignette, die auf die potenzielle Gefahr solcher verschreibungspflichtiger Produkte hinweist. „Gemeinsam mit der GKK und der Ärztekammer werden wir geeignete Schritte erarbeiten“, kündigte Prettner an.

Mehr Anzeigen durch stärkere Kontrollen

Der Leiter des Landeskriminalamts, Oberst Gottlieb Türk, schilderte die aktuelle Lage in punkto Drogenkriminalität in Kärnten und betonte, dass die steigende Zahl an Anzeigen in erster Linie mit der erhöhten Kontrolldichte und Schwerpunktaktionen der Polizei zu erklären sei. Im Bundesländervergleich liege Kärnten bei den Anzeigen pro Kopf im Zusammenhang mit Drogendelikten im hinteren Mittelfeld. „Die Stadt Klagenfurt ist im Vergleich mit den anderen Landeshauptstädten sogar Schlusslicht bei den Anzeigen pro Kopf“, so Türk.

Mehr Anzeigen durch stärkere Kontrollen – darüber haben wir erst gestern im Rahmen des Suchtmittelberichts 2017 berichtet.

Mehr Prävention

Ein weiteres Ergebnis des Suchtgipfels wird die Ausweitung der Präventionstätigkeit sein. „Prävention setzt vor allem bei Einstiegsdrogen an, wir werden sie aber auch auf Hochrisikosubstanzen wie etwa Ecstasy erweitern“, berichtete Prettner. Wichtig sei vor allem das frühe Erkennen von Suchtverhalten, betonte Barbara Drobesch, Leiterin der Unterabteilung Prävention und Suchtkoordination in der Abteilung 5 – Gesundheit und Pflege im Amt der Kärntner Landesregierung. „Hier ist jeder gefragt und gefordert, hinzuschauen: Eltern, Lehrer, Freunde, Nachbarn.“

Drogen als Mittel gegen Leistungsdruck?

Festzustellen sei ein Anstieg der Einnahme von leistungssteigernden Mitteln. „Hier sind unter anderem junge Leute hoch gefährdet, die in ihrer Ausbildung unter Druck stehen und Substanzen in Selbstmedikation einnehmen – leistungssteigernde Substanzen, um auf Punkt einsatzbereit zu sein und beruhigende Substanzen, um auf Punkt wieder chillen zu können. So ein Verhalten führt sehr oft direkt in die Abhängigkeit“, erklärte Drobesch. Hier würden vor allem Lebenskompetenzprogramme greifen, die in den Kärntner Volksschulen und neuen Mittelschulen angeboten werden.

3 Mio. Euro für Therapien und Beratung

Kärnten bietet 1.500 ambulante Therapieplätze an. „Darüber hinaus erhält jede Person, die den Antrag auf eine stationäre Entwöhnung stellt, dafür auch einen Platz“, betonte Prettner. Nach der Erweiterung der Drogenambulanz Klagenfurt wird nun die Ambulanz in Villach räumlich erweitert und eine fixe Drogenberatungsstelle in Feldkirchen eingerichtet. „Zudem wollen wir in Zusammenarbeit mit der Ärztekammer mehr niedergelassene Ärzte dazu motivieren, Substitutionsbehandlungen anzubieten, um die Versorgung im ländlichen Raum sicherzustellen“, so die Gesundheitsreferentin. Für Drogenberatung und Therapien gibt das Land Kärnten jährlich rund drei Millionen Euro aus, für Präventionsprogramme 270.000 Euro.

Kritik von der FPÖ

Kritik gab es heute von FPÖ-Chef Gernot Darmann. Der Drogengipfel hätte schon vor Jahren einberufen werden sollen, erklärte er in einer Aussendung. „Es mangelt an der dezentralen Versorgung. Daher können die bestehenden zentralen Drogenambulanzen den Bedarf kaum abdecken. Gesundheitsreferentin Prettner hat es jahrelang verabsäumt, niedergelassene Ärzte zu gewinnen. Kärnten hat österreichweit auch die geringste Anzahl an Kassenpsychiatern. Prettner hat in ihrem Strukturplan deren Zahl sogar reduziert. Damit fehlen wichtige Partner für eine Anti-Suchtgift-Strategie“, erklärt Darmann.

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