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Leben - Kärnten
Reportage
Als jüngster Vertreter in Volksgruppenfragen versucht Manuel Jug zwischen den deutsch- und slowenischsprachigen Kärntnern für Harmonie zu sorgen. 
Als jüngster Vertreter in Volksgruppenfragen versucht Manuel Jug zwischen den deutsch- und slowenischsprachigen Kärntnern für Harmonie zu sorgen.  © Privat

DAS ist Kärnten

Manuel Jug: „Abschaffung des 10. Oktobers? Nicht mit mir!“

Kärnten – In „DAS ist Kärnten“ stellen wir euch diesmal Manuel Jug (23) aus Zell vor. Im Februar 2019 wurde er zum Vorsitzenden des Zentralverbandes slowenischer Organisationen in Kärnten gewählt. Als mit Abstand jüngster Vertreter in Volksgruppenfragen versucht er seitdem mit neuem Elan und frischem Wind ausgleichende Harmonie zwischen den deutsch- und slowenischsprachigen Kärntnerinnen und Kärntnern mitzugestalten. 

 8 Minuten Lesezeit (1005 Wörter) | Änderung am 24.01.2021 - 18.19 Uhr

Von Lukas Moser. Direkt vor unserem Gespräch hatte Manuel Jug noch eine wichtige Vorstandssitzung. Thema: Die erneut beschmierten Ortstafeln. Er selbst kalmiert aber: „Das darf auf keiner der beiden Seiten als politisches Kampfmittel gesehen werden“. Man dürfte den Scharfmachern einfach keine Bühne bieten. Die Reaktion ist typisch für den erst 23-Jährigen. Während sich nicht alle seiner Altersgenossen für die Politik und schon gar nicht für die Volksgruppenpolitik interessieren, hat sich der junge Obmann des Zentralverbands der Kärntner Slowenen dem Kärntner Dialog
verschrieben.

Jug hatte mit viel Widerstand zu kämpfen

Sein Vorgänger in dieser Funktion ist Marjan Sturm – als Jug auf die Welt kam, war dieser bereits fünf Jahre lang der erste Mann des Zentralverbands. Es waren das Engagement von Sturm und der Konsensgruppe, die ihn selbst dazu inspirierten aktiv zu werden: „Ich wollte an diesem Dialogprozess in und für Kärnten mitarbeiten.“ Nicht zufällig nennt er seinen Vorgänger auch als sein größtes politisches Vorbild. Warum junge Menschen in Zeiten wie diesen überhaupt noch in die Politik gehen? Viele hätten den Willen etwas zur Zukunft beizutragen, nicht zuhause zu jammern, sondern das Schicksal aktiv in die Hand zu nehmen. Ihm selbst mache es einfach Freude zu sehen, wie man sich für Harmonie und Konsens einsetzen und damit etwas Positives bewegen könne.

Dabei blieb die Übernahme der Obmannschaft Jugs nicht ohne Widerstände: „Zum einen war mein junges Alter für viele nicht adäquat, zum anderen war man aber auch gegen mich persönlich, weil ich mich in deren Augen zu sehr für den Dialog einsetze.“ Der Volksgruppenvertreter sieht sich selbst im Großen und Ganzen zwei Aufgaben gegenüber: „Ich schaue darauf, dass die slowenische Sprache und die kärntner-slowenische Kultur gepflegt und weitergeführt werden und mir ist es wichtig, dass am Dialog mit Augenmaß und Realismus gearbeitet und gutes Klima weiter gefördert wird.“

„Mein Parlament ist in Wien und mein Landtag in Klagenfurt“

Jug wuchs in Waidisch bei Ferlach auf, lebt seit seinem achten Lebensjahr im stark gemischtsprachigen Zell und hat seit geraumer Zeit seinen Nebenwohnsitz in Klagenfurt. Da bei ihm zuhause meist Slowenisch gesprochen wurde, er jedoch den zweisprachigen Kindergarten besuchte, beherrschte er bei Schuleintritt sowohl die deutsche, als auch die slowenische Sprache bereits perfekt. Generell unterscheiden sich das Slowenische und das Kärntnerische für ihn, mit Ausnahme der Sprache, nicht wirklich: „Man denke an die Musik, die Tracht oder die Mentalität – da merkt man schon die historische Verbundenheit.“

Sein Verhältnis zu den zwei weiteren Volksgruppenvertretungen ist ambivalent: Während er jenes zur Gemeinschaft der Kärntner Slowenen als sehr gut einschätzt, ist es mit dem von Valentin Inzko geführten Rat der Kärntner Slowenen komplizierter. Hier seien es oft andere Herangehensweisen und Zielsetzungen, die Jug nicht teilt. Der junge Volksgruppenvertreter plädiert etwa dafür, dass Kärntner Slowenen in bestehenden Parteien an der Politik mitarbeiten sollen, während der Rat entweder ein Fixmandat für Slowenen im Landtag oder eine Volksgruppenkammer bzw. ein Volksgruppenparlament fordert. „Aber mein Parlament ist in Wien und mein Landtag in Klagenfurt. Das sind unsere gemeinsamen politischen Instanzen und sonst nichts.“ Mit dem Rat gab es auch wilde Diskussionen um Jugs Rede bei den offiziellen Landesfeierlichkeiten zum 10. Oktober vergangenen Jahres. Denn obwohl er offiziell als Redner auserkoren wurde und ein Vertreter des Rats bei den vergangenen drei Jubiläen die Rede halten durften, wollten sie ihn verhindern.

Auf dem Weg zu einem guten Miteinander

Das aktueller Zusammenleben funktioniere seiner Ansicht nach im Großen und Ganzen sehr gut. Die große Mehrheit sei dialogbereit, offen und habe wenig Vorurteile und Misstrauen: „Darauf können wir schon stolz sein.“ Wo er die kärntner- slowenische Volksgruppe im Jahr 2070 sieht? „Als präsenten Teil Kärntens, eines guten Miteinanders im Land ohne Konflikte oder auf der Geschichte basierenden Streitigkeiten.“ Auch der Trend, dass immer mehr Kärntnerinnen und Kärntner die slowenische Sprache lernen wollen, sei ein gutes Zeichen: „Dies wird mittlerweile viel weniger ethnisch oder national betrachtet.“

Überraschenderweise haben in seinen Augen alle Landeshauptmänner der vergangenen Jahre auch positive Impulse für die Volksgruppe gesetzt: So habe Haider den Volksgruppenkongress erfunden, Zernatto die Kärntner Kulturwoche, Dörfler sei der Wegbereiter für die Ortstafellösung und in Kaiser sieht er den „Verbinder zwischen den Volksgruppen“.

Abschaffung des 10. Oktobers? „Dagegen verwehre ich mich“

Die Stimmen mehren sich, dass das 100-Jahr-Jubiläum 2020 auch die letzte Feier zum 10. Oktober gewesen sein sollte. Doch auch dagegen verwehrt sich Jug: „Dies war ein historischer und wichtiger Tag für Kärnten und ich bin klar dafür, dieses Erbe auf Basis der Feier weiterbestehen zu lassen.“ Diese letztjährigen Feierlichkeiten zur 100. Wiederkehr der Volksabstimmung schätzt er sehr positiv ein. Insbesondere die vielfältige Einbindung aller Seiten hätte gezeigt, wie man das wahre Kärnten gut abbilden könne: „Das war ein gemeinsamer Verdient der Volksgruppen, der Landespolitik, der Konsensgruppe, aber insbesondere auch der Bevölkerung.“ Negativ seien nur die unsäglichen Störfeuer gewesen, wie etwa die Schmieraktion am Tag nach dem Jubiläum an der Stätte der Kärntner Einheit. „Die Zündler würden eben ihre Legitimation verlieren, wenn die Konflikte wegfallen. Wir müssen einfach so viele Menschen wie möglich mit ins Boot holen und gegen Radikalisten auftreten.“ Seine Rede wurde viel beachtet und von allen Seiten mit Wertschätzung aufgenommen. Er sprach von Kärnten als einer ehemaligen Konfliktregion, die zur wahren Friedensregion wurde und am besten Weg ist, eine vorbildliche Zukunftsregion zu werden. Nehmen sich genügend Menschen die ausgleichenden Worte des jungen Manuel Jug zu Herzen, sind wir am besten Weg dorthin…

Fortsetzung folgt

Im Rahmen von „DAS ist Kärnten“ holen wir bemerkenswerte Kärntnerinnen und Kärntner vor den Vorhang. Du kennst auch einen besonderen Menschen aus unserem Bundesland? Dann sende uns deinen Vorschlag an [email protected].

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