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Leben - Klagenfurt
Peter Allmaier, der Dompfarrer in Klagenfurt, spricht über sein
Peter Allmaier, der Dompfarrer in Klagenfurt, spricht über sein "Karriereziel", den Zölibat und die aktuellen Herausforderungen der Kirche. © 5min.at

DAS ist Kärnten:

Dompfarrer Allmaier über die Angst vor dem Tod, den Zölibat und sein “Karriereziel”

Kärnten – In „DAS ist Kärnten“ stellen wir euch diesmal den gebürtigen Gailtaler und nunmehrigen Klagenfurter Dompfarrer Peter Allmaier (56) vor. Entgegen teils großer Widerstände geht er nicht selten neue Wege, modernisiert und spricht erfrischend ehrlich über den bisherigen Lebensweg und seinen Standpunkt in heiklen Fragen.

 10 Minuten Lesezeit (1206 Wörter)

Von Lukas Moser. Peter Allmaier kann gut und gerne als Tausendsassa bezeichnet werden: Als Dompfarrer hält er die Pfarre am Laufen und als Direktor des Schulamtes organisiert und beaufsichtigt er den Religionsunterricht an der Spitze von beinahe 400 Lehrerinnen und Lehrern. Darüber hinaus ist er Kurat bei der Feuerwehr, Verbandsseelsorger der katholischen Studenten und Prior beim päpstlichen Orden der Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem in Kärnten. Dass er bei all diesen Aufgaben für eine weitere Leidenschaft, nämlich das Lehren an der Hochschule, vergleichsweise nur noch wenig Zeit hat, ist für ihn ein Wermutstropfen. Die Corona-Zeit habe jedoch, aufgrund des Ausfalls öffentlicher Termine, auch eine gute Seite: „So bleibt mir jetzt mehr Zeit für meine Arbeit und ich arbeite eben wahnsinnig gerne.“ Was ihm in der Pandemie aber besonders abgeht, sind die Pilgerreisen, insbesondere nach Rom oder ins Heilige Land: „Ich bin wirklich ein leidenschaftlicher Cicerone, wie man in Italien sagt.“

Die Kirche via Livestream

Im ersten Lockdown, als die traditionelle Arbeit im Gottesdienst nicht mehr möglich war, stellte er den Dienst prompt per Livestreams digital zur Verfügung: „Mit dieser neuen Schiene haben wir sehr viele neue Leute gewonnen.“ Als zusätzliches Angebot werde der Livestream daher auch nach der Krise weiter angeboten werden. Man merkt: Der Dompfarrer verschließt sich neuen Wegen keineswegs. Die Corona-Krise spüre er aber insbesondere auch quantitativ im Gespräch mit den Menschen. Seine Telefonnummer ist für alle im Internet abrufbar, doch die Telefonate dauern während der Pandemie im Durchschnitt vier bis fünf Mal länger als sonst. „Ich spüre die soziale Kontaktarmut bei den Menschen und da bin ich auch gerne für sie da.“

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Die Idee, den Gottesdienst in Corona-Zeiten via Livestream zu übertragen, wird auch nach dem Lockdown beibehalten werden. - © 5min.at

„Natürlich gibt es immer wieder Zweifel am eingeschlagenen Weg“

Für Allmaier, der in einer religiös geprägten Familie im Gailtal aufwuchs, war der Gedanke an Gott immer eine gewisse Selbstverständlichkeit. Unmittelbar nach seiner Matura zog er sich für drei Wochen nach St. Lamprecht in der Steiermark zurück, las dort Hans Küngs Buch „Existiert Gott?“ und war davon so inspiriert, dass er sich für ein Theologie-Studium entschied. Neben der Theologie wäre für ihn auch die Mathematik spannend gewesen, doch diese helfe ihm heute zumindest als Geistlicher: „Als Theologe ist man immer versucht zu schwafeln und als Mathematiker muss man präzise sein – das hilft mir vermutlich schon.“ Was besonders beeindruckt, ist seine unverblümte und direkte Ehrlichkeit: So verneint er die Frage nicht, ob er den eingeschlagenen klerikalen Weg nicht manchmal auch bereut habe: „Natürlich gibt es immer wieder Zweifel, wie bei allen Lebensentscheidungen, aber im Grunde ist dies ganz klar mein Weg.“ Dabei unterscheidet sich der Dompfarrer im Stil offensichtlich vom Großteil seiner Kollegen. Ihm ist es wichtig, nicht einfach Bibelstellen zu zitieren, sondern diese in den Kontext der Zeit zu stellen: „Die Menschen wollen natürlich wissen, was die Worte für sie heute ausdrücken – das ist nur verständlich.“

„Auch Tiere kommen in den Himmel, davon bin ich überzeugt“

Allmaier geht in vielen Aspekten neue Wege und muss dabei nicht selten gegen Widerstände ankämpfen. Besonders zu erwähnen sind etwa durchaus kontroverse Kunstinstallationen im Dom. Auch heuer soll es eine solche geben, sofern es die Corona-Lage zulässt: „Das wird wieder einigen Staub aufwirbeln, aber so wird die Kirche zu einem Begegnungsort mit Kunst und das öffnet wieder neue Sichtweisen.“ Regelmäßig nimmt er auch Tiersegnungen vor, denn auch sie seien Teil der Schöpfung Gottes: „Wir Menschen müssen verstehen, dass wir nur ein Teil der Natur sind.“ Darüber hinaus hat er auch eine schöne Botschaft für alle, die um verstorbene Haustiere trauern: „Ich bin der festen Überzeugung, dass sie Teil des Himmels sind, denn dort wird die gesamte Schöpfung erlöst.“

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Für Peter Allmaier ist klar: “Auch Tiere sind Geschöpfe Gottes und kommen in den Himmel.”

Für Peter Allmaier ist klar: “Auch Tiere sind Geschöpfe Gottes und kommen in den Himmel.” - © Peter Allmaier

Dompfarrer spendet Teil seines Gehalts

In Bezug auf in der Vergangenheit teils äußerst aufdringliche und aggressive Bettler im und vor dem Dom stand er durchaus vor einem Gewissenskonflikt: So hätten alle armen Menschen das Recht auf Hilfe, doch gehe systematisches Ausnutzen zu weit – hier dazwischen müsse eben die Abwägung getroffen werden. „Die große gesellschaftliche Katastrophe ist aber die versteckte Armut, etwa bei vielen Alleinerziehenden.“ Der Dompfarrer spendet aus diesem Grund auch jedes Monat etwa 10% seines Gehalts: „Ich verdiene zwar im Vergleich zu anderen Menschen mit derselben Ausbildung wenig, aber durch meinen einfachen Lebensstil habe ich am Ende des Monats Geld übrig und das gebe ich gerne und konsequent weiter.“ Ab 2010 absolvierte er sogar das Sozialmanagement-Studium an der WU Wien, um auch wirtschaftlich ausgebildet zu sein: „Ich führe in meinem Beruf ja einen Wirtschaftsbetrieb und da sollte man schon selbst das nötige Wissen besitzen.“

Allmaier über Gefühle der Verlassenheit und der Angst vor dem Tod

Ob er denn selbst noch nie an Gott gezweifelt habe? „Im kognitiven Sinne nicht, aber es gibt bei mir natürlich immer wieder das Gefühl der Gottverlassenheit.“ Im Endeffekt sei dies aber auch ein Zeichen von Gottes Nähe. Die Antwort auf die Frage, ob er auch manchmal Angst vor dem Tod habe, überrascht: „Selbstverständlich. Die Endlichkeit wird mir in meinem Alter immer stärker bewusst. Es gibt die große Frage, was dann kommt und die stelle auch ich mir. Aber es gibt das große Vertrauen, dass es nach dem Tod etwas gibt und Gott auf mich wartet.“

„Ich bin für eine Öffnung oder Freistellung des Zölibats“

Angesprochen auf den Zölibat überrascht Allmaier ein weiteres Mal: „Ich gebe zu, dass es nicht immer leicht ist, ein Zölibat zu leben.“ Trotzdem halte er ihn für ein wichtiges Instrument, mit dem er sich persönlich mit den vielen Menschen, die sich alleine fühlen, solidarisieren will. Im Endeffekt ist er aber sogar für eine „moderate Öffnung oder eine Freistellung des Zölibats“. Am Priesterseminar seien viele gute Leute den Weg nicht mehr mitgegangen, weil sie auf eine Heirat nicht verzichten wollten: „Diese Menschen fehlen uns sehr und in der Regel waren es nicht die schlechtesten, die hier abbrachen.“

“Ich glaube, ich habe mein Karriereziel erreicht”

Ob er sich nicht für künftig noch höhere Ämter, die ihm so viele Gläubige zutrauen würden, berufen sieht? Er lehnt ab. Zu gerne sei er als Dompfarrer im direkten Kontakt mit den Menschen. Hier als Pfarrer könne er die intensivsten Gefühle erleben, von Beerdigungen bis zu Taufen und Trauungen und das gebe ihm die nötige Bodenhaftung: „Karriere heißt nicht nach oben zu gehen, sondern dort hin, wo man am besten arbeiten kann – ich glaube, ich habe mein Karriereziel erreicht.“

Fortsetzung folgt:

Im Rahmen von „DAS ist Kärnten“ holen wir bemerkenswerte Kärntnerinnen und Kärntner vor den Vorhang. Du kennst auch einen besonderen Menschen aus unserem Bundesland? Dann sende uns deinen Vorschlag an [email protected].