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Veröffentlicht am 20.01.2022, 18:49

5 Minuten veröffentlicht Papier

Flughafen-Strategie­plan: Die geheime Liste der ge­brochenen Ver­sprechen

Klagenfurt - Es ist eines der nach dreieinhalb Jahren noch immer geheim gehaltenen Dokumente der Teilprivatisierung des Klagenfurter Flughafens: Der Strategieplan. Seit 1.286 Tagen der Öffentlichkeit vorenthalten. Bis heute: 5 Minuten veröffentlicht hier das Papier.
von Franz Miklautz7 Minuten Lesezeit (945 Wörter)Exklusiv


Infrastruktur-Vorhaben nicht realisiert

Würde man sich das Dokument ausdrucken und sich vor den Flughafen in Klagenfurt/Annabichl stellen, käme man schnell darauf: Da passt was nicht. Und man läge damit gar nicht so falsch. Denn der Strategieplan ist eine Liste der leeren Versprechungen: Kein Busterminal, kein Park & Rideparkplatz, kein Parkhaus mit 480 Stellplätzen. Leermeldung auch bei der Erweiterung der Flughafenhalle und der Erneuerung des Abfertigungsbereichs – und auch die geplante Spitzengastronomie ist in Klagenfurt kalt geblieben. Für all das hätten laut Strategieplan Investitionen von über sechs Millionen Euro stattfinden sollen. Nichts davon hat Form angenommen (Seite 44).

Gescheiterte Positionierung als Tourismus-Airport

Hunderttausende Euro sollten in die Positionierung des Airports als Tourismusflughafen fließen. Unwahrscheinlich, dass sie geflossen sind. Jedenfalls lässt die Passagierzahl diese Vermutung zu. Während die Flughäfen Graz, Triest und Laibach 2021 – also in Pandemiezeiten – zulegten, fiel Klagenfurt tief: Von 49.000 im Jahr 2020 auf 30.000 im Vorjahr, das sind gute 40 Prozent weniger. Dabei, und da lohnt sich ein Blick auf die Seite 17 des Papiers, sollten die Passagiere bald nach Übernahme der Mehrheitsanteile durch die Lilihill-Gruppe (Juli 2018) bereits 2019 wieder auf 320.000 hochschnellen. Allein: Sie sind von 228.000 auf 209.000 gefallen (- 8 Prozent). Da grassierte noch keine Pandemie. 2021 hätte der Airport auf der Wien-Route 123.000 Passagiere abfertigen sollen. Köln: Über 130.000. Allein das wären 253.000. Lässt man die zig Tausenden über die geplanten Destinationen Hamburg, Berlin oder London als Pandemie-Bonus weg: Geworden sind es dennoch nur 30.000.

Obwohl “integrierender” Bestandteil des Beteiligungsvertrags bloß eine reine Absichtserklärung

Einzuschwören war der Investor Franz Peter Orasch, Chef der Immo-Gruppe Lilihill, auf die Investitionen nicht, wie der Rechnungshof in einem überaus kritischen Bericht über die Privatisierung festhielt. Der Strategieplan sei mehr eine Absichtserklärung des Investors gewesen, erklärte Rechnungshof-Direktor Günter Bauer damals. Obwohl dieser “integrierender” Bestandteil des Beteiligungsvertrags war. Auf die heutige Frage, warum der Strategieplan, zumindest die gut 6,8 Millionen-Euro-Investition nicht umgesetzt wurde, sagt Lilihill-Unternehmenssprecher Gerhard Seifried: “Diese Frage stellen Sie besser den Minderheitsgesellschaftern, die alle bisherigen Vorhaben in der Generalversammlung abgelehnt haben.” Land und Stadt halten noch gut 25 Prozent, die Lilihill-Gruppe fast 75. Der Vorstand der Kärntner Beteiligungsverwaltung (K-BV) – sie managt die Landesanteile am Flughafen -, Martin Payer, tritt dem Vorwurf Seifrieds vehement entgegen: “Ich habe niemals etwas verhindert. Es hat nicht mal Beschlussanträge gegeben, die den Strategieplan betroffen hätten.” Payer beklagt weiters, dass man auch keine Entscheidungen treffen könne, da man teilweise nicht mal Unterlagen zu Besprechungspunkten bekäme, “weil sie der Geschäftsführer (des Flughafens, Anm.) erst fünf Minuten vor Sitzungsbeginn bekommt”. Der Beteiligungsreferent der Stadt Klagenfurt, Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ), sagt zur Causa Strategieplan: “Wir haben überprüfen lassen, ob die Vorhaben erfüllt wurden. Das ist nicht der Fall. Das macht uns jetzt freier in der Vertragsgestaltung.” Liesnig sagt, “es gibt drei Eigentümer und es bringt nichts, wenn die Verantwortung hin- und hergeschoben wird.”

Neueren Informationen zufolge sollen sechs Millionen Euro (von insgesamt 19,2) aus dem Strategieplan umgesetzt worden sein. Dabei handelt es sich aber höchstwahrscheinlich um gesetzlich vorgeschriebene Investitionen des Flughafens.

Call Option und politische Verantwortung

Die Realisierungszeiträume für Parkhaus, Abfertigungshalle & Co. wären laut Papier von 2018 bis 2020 gewesen. Man muss jedoch berücksichtigen, dass Orasch den Flughafen erst im Juli 2018 übernommen hat. Doch auch wenn man ihm das Jahr 2021 anrechnen würde – nichts von den Plänen ist Beton geworden. Deshalb wird dieser Tage die Frage beim Land immer lauter, ob es die Call Option ziehen solle. “Das wird gerade geprüft”, so der zuständige Landesrat Martin Gruber (ÖVP). Die Call Option berechtigt die öffentliche Hand, den Flughafen derzeit für 3,2 Millionen Euro zurückzukaufen, wenn er unter 100.000 Passagiere fällt – was nachweislich der Fall ist. Mit dem gestrigen Vorstoß des Team Kärnten für einen U-Ausschuss, in dem die mittlerweile als missglückt zu bezeichnende Privatisierung aufgearbeitet werden könnte, wird der Ruf nach der politischen Verantwortung ein wenig lauter. Doch ein U-Ausschuss bis zur Landtagswahl im Frühjahr 2023 erscheint mehr als unwahrscheinlich. Die Misere wird wohl unter Flughöhe bleiben. Was man aber sagen kann: In der entscheidenden Abstimmungssitzung, in der im KB-V-Aufsichtsrat einstimmig pro Privatisierung votiert wurde, war die SPÖ-Landesrätin Gaby Schaunig die Landesaufsicht.

Malanik: “Ryanair ist eine Todesdroge”

Die Strategie des Flughafens ist laut Lilihill, in Zukunft (wieder) auf Billigflieger zu setzen. Die kommen mitunter nur, wenn man kräftige Incentives gewährt. In den nächsten Jahren sollen laut Plänen Millionen in diese Beihilfen fließen. Die Strategie, die Billigflieger mit Incentives zu locken, löst zumindest nach 5 Minuten-Recherchen Staunen aus, sagte doch Peter Malanik, Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafen-Betriebsgesellschaft, im Jahr 2014 dem Fliegermagazin “Austrian Wings”: “Ryanair ist eine Todesdroge.” Dazu Lilihill-Sprecher Seifried: “Dieses Zitat ist Jahre her, völlig anderer Kontext.” Dem “Standard” sagte Malanik etwas Ähnliches: “Ryanair ist eine Todesdroge, die bringt zunächst viele Passagiere, gleichzeitig saugt sie wegen der finanziellen Zuwendungen in Form von Marketingunterstützungen den Flughafen auch aus. Wenn die Zuwendungen ausbleiben, ist Ryanair auch ganz schnell wieder weg.” Der Unterschied liegt wahrscheinlich darin, dass mit “Incentives” nicht “Marketingunterstützungen” gemeint sind – und damit zumindest in der Höhe der Förderungen eine Unterscheidung gegeben ist.

Flugzeugkonzern Leonardo nach Klagenfurt?

Seit Tagen kursieren Gerüchte, dass der italienische Flugzeugkonzern Leonardo eine Niederlassung in Klagenfurt suche. Manche meinen zu wissen, dass die Rollbahn den Italienern als Teststartbahn für ihre Prototypen dienen solle. Seifried: “Gerüchte kommentieren wir grundsätzlich nicht.” Die Italiener: Man habe sich intern umgehört und “es scheint, als gäbe es keine Verhandlungen bezüglich einer Niederlassung in Klagenfurt”, so eine Mitarbeiterin des Konzerns.

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