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Veröffentlicht am 21.10.2022, 11:45

Urteil steht fest

Statt Oberarzt operierte Assistent: Kärntner klagt Kranken­haus auf Schmerzens­geld

Kärnten - Es ist eigentlich alles logisch: Ein Patient will für einen operativen Eingriff nur von einem bestimmten Oberarzt operiert werden, was auch schriftlich festgehalten wurde. Operiert hat dann aber ein Assistenzarzt unter Aufsicht des Oberarztes. Bei der Operation, die in einem Kärntner Krankenhaus durchgeführt wurde, lief es aber nicht wie gewünscht und nun klagte der Patient auf Schmerzensgeld und bekam jetzt beim Obersten Gerichtshof (OGH) recht.
von Manfred Wrussnig 3 Minuten Lesezeit (404 Wörter)
Richterin Sarah Maria Ritzmaier war federführend bei dem Urteil, dass vom ÖGH bestätigt wurde.

„Mit einigen Folgen für alle Spitäler, die in Zukunft darauf achten müssen, dass der gewünschte Arzt auch operiert“, so Mediensprecher Christian Liebhauser der von „Zivilrechtsfall des Monats“ spricht.

Komplikationen während der Operation

Der Kläger teilte dem – ihm empfohlenen – Oberarzt mit, von ihm persönlich operiert werden zu wollen, was dieser ihm nach Einsicht in seinen Terminkalender für die in Aussicht genommene Operation ausdrücklich zusicherte. Tatsächlich wurde die Operation – ohne den Kläger hierüber zu informieren – vom Assistenzarzt lediglich unter Aufsicht des Oberarztes vorgenommen. Liebhauser: „Es gab Komplikationen während der Operation, die von der klagenden Partei als Grundlage für einen Schmerzengeldanspruch und Verdienstentgang herangezogen wurden“.

“Erwartungen des Klägers nicht entsprochen”

Die Richterin Sarah Maria Ritzmaier kam zu dem Ergebnis, dass sich die Einwilligung des Klägers auf die Operation durch den Oberarzt auf dessen persönliche Durchführung und nicht auf die bloße Ausübung der Oberaufsicht durch ihn bezogen hat. Gerade bei medizinischen Eingriffen kommt es in besonderem Maß auf das Geschick, das Urteilsvermögen und die Erfahrung des die Operation ausführenden Arztes an, dem der Patient ein besonderes Vertrauen entgegenbringen muss. Selbst wenn man davon ausgeht, dass durch die Aufsicht des Oberarztes eine korrigierende Eingriffsmöglichkeit sichergestellt war, wurde damit der Erwartung des Klägers nicht entsprochen. Besteht doch in diesem Fall dessen ungeachtet, die Gefahr einer Komplikation während der Operation – beispielsweise wegen mangelnder Erfahrung des Assistenzarztes -, deren Folgen nicht in jedem Fall durch einen umgehenden Eingriff folgenlos saniert werden können.

Krankenhausträger haftet

Für die Frage der vorweg erteilten Einwilligung in die Operation hat es keine Bedeutung, dass die nachfolgende Operation lege artis durchgeführt wurde. Der Krankenhausträger haftet somit für die nachteiligen Folgen wegen Verletzung eines Schutzgesetzes – nämlich der Aufklärungspflicht. Die Haftung des Krankenhausträgers steht dem Grunde nach bereits rechtskräftig fest.

Urteil von OGH bestätigt

Das Urteil wurde nun vom Obersten Gerichtshof bestätigt. In einem weiteren Verfahren  hat jetzt die Richterin zu klären, für welche nachteiligen Folgen das Krankenhaus jetzt haftet. Übrigens: Sarah-Maria Ritzmaier ist seit 1. Juni 2018 Richterin am Landesgericht Klagenfurt, wo sie eine zivilrechtliche Abteilung leitet. Seit 1. April 2022 steht sie an der Spitze der Richtervereinigung, Sektion Kärnten (Standesvertretung der Kärntner Richter:innen) und bekleidet als erste Frau diese Funktion.

Wie ist die Sachlage?

Es ist gesetzlich eigentlich alles geregelt: Der Arzt bzw. der Krankenhausträger haftet für Behandlungsfehler und die Verletzung der Aufklärungspflicht. Ein Behandlungsfehler konnte im gegenständlichen Verfahren zwar nicht nachgewiesen werden, jedoch war es fraglich, ob der Patient in die durch den Assistenzarzt durchgeführte Operation eingewilligt hat.

Grundlage für eine Haftung des Arztes oder Krankenhausträgers wegen einer Verletzung der Aufklärungspflicht ist in erster Linie das Selbstbestimmungsrecht des Patienten, in dessen körperliche Integrität durch eine Operation eingegriffen wird. Der Patient muss in die jeweilige konkrete Behandlungsmaßnahme einwilligen. Voraussetzung für eine sachgerechte Entscheidung des Patienten ist eine entsprechende Aufklärung durch den Arzt. Fehlt es daran, so ist die Behandlung grundsätzlich rechtswidrig, auch wenn der Eingriff selbst medizinisch indiziert und lege artis durchgeführt wird.

Steht dem Patienten bei der Aufnahme in ein Krankenhaus nicht das Recht zu, nur von einem bestimmten Arzt operiert zu werden, so hängt die Wirksamkeit der Einwilligung des Patienten in die Operation nicht davon ab, ob er über die Person des Operateurs aufgeklärt worden ist. Allerdings darf ein anderer Arzt den Eingriff nicht vornehmen, wenn der Patient erklärt, er wolle sich nur von einem bestimmten Arzt operieren lassen. Bei einer solchen Erklärung ist die Einwilligung des Patienten auf die Operation durch einen bestimmten Arzt beschränkt.

Richterin Sarah Maria Ritzmaier

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