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/ ©Daniel Raunig
Symbolfoto
Symbolfoto zu einem Beitrag von 5min.at: Beate Prettner

Suizid: Diese Menschen sind in Kärnten besonders gefährdet

Das Thema Suizid ist nach wie vor eines der großen Tabuthemen unserer Gesellschaft. Die mit der Tabuisierung einhergehende Scham der Betroffenen und ihrer Angehörigen erschwert den Umgang mit der lebensbedrohlichen Krise.

von Yvonne Schmid-Berger
3 Minuten Lesezeit(622 Wörter)

Daher organisiert die Abteilung Gesundheit in der Landesregierung jedes Jahr rund um den Welttag der Suizidprävention eine Fachtagung zu diesem Thema. „Ziel ist es, zur Enttabuisierung beizutragen und mit ExpertInnen an konkreten Schwerpunkten zu arbeiten“, so Prettner.

Aktuelle Zahlen aus eigener Datenbank 

Als Grundlage dient die Kärntner Suiziddatenbank, die heuer ihre 5-Jahres-Bilanz ziehen kann. „Bis zum Jahr 2018 waren wir auf die Zahlen der Statistik Austria angewiesen, die sehr zeitverzögert gekommen sind. Mit unserer Suiziddatenbank verfügen wir über tagesaktuelle Zahlen, die wir anhand von 30 Parametern analysieren und daraus konkrete Schlüsse ableiten können“, so Prettner. Seit dem Jahr 2018 wurden in Kärnten auf diese Weise 525 Suizide analysiert.

Pro Jahr rund 110 Suizide 

Wie die Gesundheitsreferentin informierte, nehmen sich im langjährigen Schnitt in Österreich jedes Jahr rund 1200 Menschen das Leben. In Kärnten sind es im langjährigen Durchschnitt rund 110 Suizide. „Das sind 1200 bzw. 110 Suizide zu viel. Hinter jeder Zahl steht ein Menschenleben. Und hinter jeder Zahl stehen Schicksale“, so Prettner. Konkret wurden in Kärnten im Jahr 2021 106 Suizide, im Jahr 2022 97 und im Jahr 2023 bis zum heutigen Tag 85 Suizide registriert. „Erfreulicherweise schert Kärnten aus dem Trend bezüglich Zunahme bei Suiziden von jungen Menschen aus. Im Vorjahr hatten wir einen einzigen Fall unter 20 Jahren. Nichtsdestotrotz heißt es – und das ist auch unser klarer moralischer Auftrag -, tagtäglich alles daranzusetzen, unsere Kinder und Jugendliche bestmöglich psychisch und mental zu stärken!“ Die höchste Selbstmordrate ist bei Männern mittleren Alters und bei Hochbetagten gegeben. „Wir verzeichnen auch bei der Berufsgruppe in der Land- und Fortwirtschaft eine Häufung. Daher haben wir bei der morgigen Fachtagung die zwei Schwerpunktthemen Suizidalität in der Landwirtschaft und bei der älteren Generation gesetzt“, erklärte Prettner.

Suizid nicht vom Sternzeichen abhängig 

Dr. Herwig Oberlerchner, von Beginn an Motor der Suiziddatenbank Kärnten, gab Einblick in das „menschliche Statistikwerk“: „Von den Suizidrekorden in den 1980er Jahren sind wir Gott sei Dank weit entfernt – damals lagen die Zahlen bei rund 180 pro Jahr. Mit der Suiziddatenbank haben wir die Möglichkeit, anhand von 30 Parametern den Risikofaktoren auf die Spur zu gehen und daraus Maßnahmen abzuleiten“, so Oberleitner. Die Paramater sind: „Vom Geschlecht über das Alter, vom Wohnort über Beziehungsstatus, psychische Erkrankungen, Suizidmethoden bis hin zu Jahreszeit, Wochentag und sogar Mondphasen und Sternzeichen“, sagte Oberlerchern. Und eines konnte er gleich ausschließen: „Bis dato gibt es keine Rückschlüsse auf Sternzeichen und Mondphasen.“ 

Risikofaktoren

Sehr wohl aber lassen sich eine Reihe von Risikofaktoren ableiten: „Es geht um chronische Konflikte in der Familie und in der Beziehung; es geht um chronisch schwerkranke Menschen; es geht um soziale Isolation; es geht um Hochbetagte mit komplexen Problematiken; es geht um unbehandelte psychische Erkrankungen. Daher sind alle zusätzlichen Maßnahmen auf diesem Gebiet so wichtig“, betonte Oberlerchner. „Je besser das psychische Versorgungsangebot, desto geringer die Suizidalität. Kärnten hat hier in den vergangenen Jahren wirklich große Schritte gesetzt – mit der neuen Psychiatrie und vor allem mit den vier ambulanten Zentren.“ Unisono appellierten Prettner und Oberlerchner: „Nehmen Sie Unterstützung an! Reden hilft!“

„Reden hilft!“

Zum Thema Suizidalität im bäuerlichen Umfeld sprach Mental Health Coach und Psychologin Mag. Christina Wernig: „Laut Kärntner Suiziddatenbank wurden seit 2018 50 Suizide in diesem Umfeld registriert, davon 45 bei Männern.“ Sie zeigte sich froh, dass man sich diesem Thema nun öffentlich in der Fachtagung widmen werde. „Auch hier gilt: „Reden hilft!“ Laut Wernig sei gerade im bäuerlichen Umfeld zu beobachten, dass vor allem die ältere Generation bemüht sei, den Schien der schönen, heilen Welt aufrechtzuerhalten. Die junge Generation nehme erfreulicherweise vermehrt die Hilfsangebote an.

Hilfe rund um die Uhr

Solltest du selbst das Gefühl haben, dass du Hilfe benötigst, kontaktiere bitte umgehend die Telefonseelsorge unter 142.
Die Telefonseelsorge bietet ein kostenloses, vertrauliches und an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr erreichbares Beratungsangebot – ein offenes Ohr, Entlastung und Unterstützung für alle Anrufenden, unabhängig von deren Alter, Geschlecht, Religion und sozialer Herkunft.

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