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Bürgermeister: „Keine Stadt kann sich ein Datenleck leisten“

Im Zuge der Spitzel-Affäre wurden nun alle E-Mail-Konten mit der Endung @klagenfurt.at im Auftrag der Magistratsdirektion gescannt. Dies sorgte für heftige Kritik. Nun nahm der Bürgermeister dazu Stellung.

von Tanja Janschitz
Tanja Janschitz Onlineredaktion 5min.at
4 Minuten Lesezeit(921 Wörter)

Die Spitzel-Affäre im Rathaus Klagenfurt erreichte am heutigen Freitag einen neuen Höhepunkt. Nachdem die Magistratsdirektion unter anderem die Öffnung des persönlichen E-Mail-Kontos von Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ) veranlasst hat, nahm dieser am Freitagvormittag gemeinsam mit seinem Anwalt und Datenschutzexperten Michael Pilz dazu Stellung – mehr dazu hier. Zugrunde geht dem Ganzen die Causa Miklautz: Eine undichte Stelle im Klagenfurter Rathaus sorgte in der Vergangenheit immer wieder für Furore. Ein Kärntner Investigativ-Journalist hatte unter anderem das Gehalt und die Überstunden des Magistratsdirektors veröffentlicht. Sogar die Staatsanwaltschaft untersucht den Fall – wir haben berichtet.

Zwei Pressekonferenzen an einem Tag

Vizebürgermeister Liesnig stellte sich im Rahmen der Pressekonferenz am Freitag schützend vor die Mitarbeiter, schließlich seien im Auftrag der Magistratsdirektion nun alle E-Mail-Konten mit der Endung @klagenfurt.at von der Firma Secriso Consulting gescannt worden. Und das ohne jeden politischen Beschluss und für ein Honorar von mehr als 60.000 Euro. Dazu nahm in einer weiteren eilig einberufenen Pressekonferenz auch Bürgermeister Christian Scheider (Team Kärnten) Stellung.

Bürgermeister: „Habe eine Fürsorgepflicht!“

Zu der Kritik, dass auch der Stadtsenat den Auftrag an die Firma absegnen hätte müssen, meinte Scheider: „Es war vorher nicht klar, welche Ausmaße das annehmen wird.“ Daten seien in großen Dimensionen nach außen geflossen. Er als Bürgermeister habe eine Fürsorgepflicht gegenüber allen Mitarbeitern, es sei ihm wichtig gewesen, dies schnell aufzuklären und zu stoppen. „Keine Stadt und keine Gemeinde kann sich ein Datenleck leisten!“ Darum wurde die Firma Secriso Consulting beauftragt dem nachzugehen und in der Folge auch Ergebnisse zu präsentieren. „Natürlich geschah dies unter Aufsicht einer Datenschutzbeauftragten“, versichert Scheider, der selbst nie detaillierte Infos bekommen habe, was im Einzelnen gemacht wurde. „Die Daten wurden versiegelt an die Staatsanwaltschaft übergeben. Es ist nichts durchgelesen oder eingesehen worden“, betont der Bürgermeister. Der ganze Prozess wurde mitdokumentiert.

Anwalt: „Alle Datenschutzrichtlinien eingehalten“

Geladen war auch der Anwalt Christian Puswald, der betont: „Es wurden alle Datenschutzrichtlinien eingehalten.“ Der Stick, der an die Staatsanwaltschaft übergeben wurde, sei versiegelt gewesen. Eine systematische Datenabfrage habe es nicht gegeben. „Wenn man ein Loch hat, muss man auch nicht schauen, wie groß es ist oder was drin ist, sondern nur, ob ein Loch besteht“, erklärt er bildlich. Gesucht wurde also nach „Löchern“, nicht nach einzelnen Namen oder Daten. Bürgermeister Scheider heißt des Weiteren gut, dass die Datenschutzbehörde ermittelt: „Sollte sich herausstellen, dass etwas angeordnet wurde, das nicht in Ordnung ist, werden natürlich Konsequenzen gezogen“, meint er abschließend. Die Ermittlungen gegen den Investigativ-Journalisten wurden übrigens in der Zwischenzeit eingestellt. Immer noch ermittelt wird hingegen gegen zwei Beamte. Die Staatsanwaltschaft werde anhand der nun vorliegenden Informationen entscheiden, ob das Verfahren gegen sie eingestellt oder eine Anklage erhoben wird.

Bürgermeister: „Keine Stadt kann sich ein Datenleck leisten“
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Am Foto: Anwalt Christian Puswald und Bürgermeister Christian Scheider (v.l.)

FPÖ: „So kann es nicht weitergehen“

Die heute von Vizebürgermeister Philipp Liesnig erhobenen Vorwürfe seien in ihrer Dimension unglaublich, meinte Klubobmann der Freiheitlichen im Klagenfurter Gemeinderat, Andreas Skorianz. „Wenn das alles so stimmt, sei das wohl einer der größten je in Österreich aufgeschlagenen Datenschutzskandale“, so Skorianz. Im Magistrat sei das Rechtsbewusstsein offensichtlich sehr dünn. „Da läuft ja nichts mehr rund. Wir stehen vor größten Herausforderungen und beschäftigen uns nur mit uns selbst. So kann es nicht weitergehen“, erklärt der Freiheitliche. Laut ihm hätte zudem eine einfache Sachverhaltsdarstellung genügt und die Staatsanwaltschaft hätte auf ihre Kosten die Ermittlungen geführt. „Das ist ungefähr so, als wenn man bei einem Einbruch einen Detektiv beauftragt und nicht die Polizei alarmiert.“ Es seien jetzt sofort alle betroffenen Mitarbeiter und Bürger über den Datenschutzvorfall von der Stadt zu informieren. Das sieht die DSGVO so vor. „Dies habe ohne Zeitaufschub zu geschehen, fordert Skorianz und verlangt Aufklärung, wie mit sensiblen Daten im Magistrat umgegangen wird.

GRÜNE fordern Konsequenzen

„Ein Datenschutzskandal, der zweifelsohne nach lückenloser Aufklärung schreit“, meint auch die Kärntner Nationalratsabgeordnete Olga Voglauer (GRÜNE). Sie fordert: „Bürgermeister Scheider hat seinen Beitrag für Transparenz zu leisten und darf sich nicht aus der Verantwortung ziehen. Die Außenwirkung der Stadt Klagenfurt ist wieder einmal desaströs. Der gesamte Amtsapparat von Scheider versinkt in dubiosen Skandalen. Die Verantwortungsträger haben ein für alle Mal Konsequenzen zu ziehen und dafür zu sorgen, aus diesem Teufelskreis der politischen Unkultur auszubrechen. So kann und darf es in der Landeshauptstadt nicht weitergehen.“

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ÖVP fordert „volle Aufklärung“

Die ÖVP, in Person von Kontrollausschuss-Mitglied und Gemeinderat Julian Geier fordert von Scheider wiederum eine umgehende Überprüfung des Sachverhalts und „volle Aufklärung“. „Die Auftragsvergabe, die Höhe der Ausgaben und die Notwendigkeit von gremialen Beschlüssen sind transparent und umfassend zu überprüfen“, so Geier. Datenschutz müsse auch für Politiker gelten. Daher fordert die ÖVP nun eine Sondergemeinderatssitzung. Folgende Punkte müssen in dieser geklärt werden, erklärt Obfrau Julia Löschnig:

Diese Punkte müssen laut ÖVP geklärt werden:

  • Wer hat die Öffnung in Auftrag gegeben?
  • War der Bürgermeister informiert?
  • Wer wusste was zu welchem Zeitpunkt?
  • Welches Gremium hat die Öffnung beschlossen?
  • Wie konnte ohne Beschluss ein Gutachten in Höhe von 63.000 Euro in Auftrag gegeben werden?
  • Wie wird die Stadt Klagenfurt in Zukunft solche Vorgehensweisen verhindern um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein?
  • Wer ist politisch verantwortlich?

NEOS: „Scheider hat die Kontrolle über das Rathaus verloren“

„Dass die Stadt Klagenfurt offensichtlich sämtliche Mailaccounts, aller Mitarbeiter und politischen Funktionäre hier im Rathaus, durchsucht hat, ist ein unfassbarer Skandal. Es sind somit davon auch alle Privatpersonen und Unternehmen betroffen, die in diesem Zeitraum mit der Stadt Klagenfurt per Mail in Kontakt waren“, kritisiert auch NEOS-Klubchef Janos Juvan. Nun stelle sich die Frage, wie tief verstrickt der Bürgermeister in diesen Skandal sei. Klar sei für Juvan jedenfalls: „Scheider hat die Kontrolle über das Rathaus endgültig komplett verloren.“

Hinweis: Dieser Beitrag wurde am 24.11.2023 um 20:39 Uhr aktualisiert

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