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Spionage im Verfassungsschutz?

Spionage-Affäre: Was ein Kärntner mit den russischen Behörden zu tun hat

Spionage, russische Behörden und eine Festnahme in Kärnten: Der Fall um den ehemaligen Verfassungsbeamten Egisto Ott sorgte in der jüngsten Vergangenheit immer wieder für Schlagzeilen. Die Ermittlungen weisen Richtung Moskau.

von APA/RED
4 Minuten Lesezeit(835 Wörter)

Karfreitag. Ein Aufgebot an Polizeikräfte rückte zu einem Haus in Kärnten aus. Zunächst geht es noch recht turbulent zu, bei jener durchgeführten Hausdurchsuchung an dem Kärntner Wohnsitz. Erst als auf Wunsch des betroffenen Kärntners jeder einzelne Schritt der Sicherstellung genaustens protokolliert wurde, „kooperiert“ er. Am Karsamstag ging es für jenen Kärntner schon in die Justizanstalt Josefstadt.

Im Mittelpunkt einer Spionage-Affäre

Der Mann im Mittelpunkt Geschehens: Egisto Ott, ein ehemaliger Beamter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), ein ehemaliger Mitarbeiter des österreichischen Geheimdienstes. Man sollte doch meinen, Ott verrichtete seinen Dienst ausschließlich für sein Heimatland. Der Verdacht gegen ihn sagt jedoch etwas ganz anderes aus. Wegen des Verdachts auf Spionage sitzt der Kärntner nun in U-Haft. Und möge es auch viele Indizien geben, die auf die Spionage hinweisen, Ott bestreitet alles.

Ermittlungen seit 2017

Ermittelt wird gegen Ott seit 2017. Während sich einige Vorwürfe nicht nachweisen ließen bzw. vorerst nicht erhärteten, kamen immer wieder neue Verdachtsmomente dazu. Der Verdacht geht in Richtung Amtsmissbrauch, geheimen Nachrichtendienst zum Nachteil Österreichs und Verletzung des Amtsgeheimnisses. Egisto Ott saß 2021 sogar schon ein Mal für sechs Wochen in U-Haft, wurde dann aber vom Wiener Oberlandesgericht (OLG) enthaftet. Das OLG ging – aus heutiger Sicht womöglich voreilig bzw. irrigerweise – davon aus, beim Ex-BVT-Beamten sei keine Tatbegehungsgefahr mehr gegeben, weil diese Behörde zwischenzeitlich aufgelöst worden und Ott nicht mehr im Verfassungsschutz tätig war.

Geheime Infos an die Russen übermittelt

Es waren ausländische Partnerdienste, die das BVT damals auf die Fährte brachten, dass vertrauliche Informationen an russische Geheimdienste abflossen. In den Verdacht, er könnte damit etwas zu tun haben, geriet Egisto Ott deshalb, weil er als Verbindungsmann in der Türkei Kontakt zum russischen Nachrichtendienst aufgebaut haben soll. Als geheim klassifizierte Informationen – etwa ein streng vertrauliches Memo des BVT und eine Anfrage des FBI – soll Ott von seiner dienstlichen an seine private Mail-Adresse weitergeleitet haben. Am Ende landeten sie dann – so jedenfalls die Verdachtslage – bei russischen Nachrichtendiensten.

Martin Weiss und Jan Marsalek

Otts Vorgesetzter beim BVT war seinerzeit der ehemalige BVT-Spionagechef Martin Weiss, der seit 2023 für die heimische Justiz nicht mehr greifbar ist, weil es mit den Vereinigten Arabischen Emiraten kein Auslieferungsübereinkommen gibt. Ott war zuletzt im Zusammenhang mit dem flüchtigen Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek in die Schlagzeilen geraten. Er soll gemeinsam mit dem ehemaligen BVT-Abteilungsleiter Martin Weiss für Marsalek bzw. Russland Informationen beschafft haben. Obwohl er suspendiert war, soll Ott weiterhin für Weiss und Ex-Wirecard-Vorstand Marsalek entgeltlich sensible Informationen beschafft haben.

Handys von Kollegen kopiert

Auslöser der Festnahme Otts am Karfreitag waren allerdings jüngste Hinweise aus Großbritannien. Ott soll im Sommer 2022 die gespiegelten Inhalte von Smartphones dreier (Ex-)Spitzenbeamter aus dem Innenministerium an russische Geheimdienste – mutmaßlich an den Inlandsgeheimdienst FSB – übermittelt haben. Bei den gestohlenen Smartphones handelte es sich um die Geräte von Michael Kloibmüller, der jahrelang Kabinettschef im Innenministerium war, den nunmehrigen Bundespolizeidirektor Michael Takacs sowie von Gernot Maier, Direktor des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl. Die drei Handys waren 2017 „Opfer“ eines Unfalls geworden. Die Handys mussten von einem IT-Techniker repariert werden, der offenbar Kopien von den Geräten machte.

Festnahmeanordnung

Die Spionage-Affäre um den ehemaligen Staatsschützer Egisto Ott weist nun Richtung Moskau. Laut der Festnahme-Anordnung, über die der „Falter“ am Mittwochabend berichtete, hat der Kärntner „systematisch nicht für die Öffentlichkeit bestimmte geheime Tatsachen und Erkenntnisse, sowie personenbezogene Daten aus polizeilichen Datenbanken zum Zweck der Übermittlung an Jan Marsalek und an unbekannte Vertreter der russischen Behörden gesammelt“.

Russland-Gegner ausspioniert

Unter dem Vorwand, Extremisten zu beobachten, habe Ott in Wahrheit im Auftrag Russlands Regimegegner ausspioniert, die in Europa Schutz suchten, mutmaßt die Staatsanwaltschaft. Dabei handelt es sich laut dem Bericht etwa um einen ehemaligen Mitarbeiter des russischen Geheimdiensts FSB, der in Montenegro Asyl erhalten hatte. Auch ein russischer Geschäftsmann, der in Großbritannien lebte, sei Zielperson gewesen. Gleiches gilt für ein Mitglied der Wahlkommission der Stadt Moskau. In Verbindung mit Ott steht demnach der ehemalige Wirecard-Spitzenmanager Marsalek, der mit Hilfe Moskaus untergetaucht sein dürfte.

BVT-Leiter rechnet mit Ott ab

Der vormalige Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Peter Gridling weist indes Vorwürfe im Zusammenhang mit der vermeintlichen Spionagetätigkeit seines ehemaligen Mitarbeiters Ott zurück. Am Donnerstag betonte er sowohl im Ö1-„Morgenjournal“ als auch in der „ZiB2“, dass man schon bei den ersten Verdachtsmomenten reagiert habe. Damals 2017 sei das Substrat aber noch „sehr dünn“ gewesen. Immerhin habe es Belege gegeben, dass Ott klassifizierte Dokumente auf seinen privaten Account überspielt habe. Damit sei eine neuerliche Sicherheitsprüfung möglich gewesen, in deren Folge Ott nicht mehr für das BVT tätig sein habe können. Das bedeute, dass man im ersten belastbaren Moment Konsequenzen gezogen und Ott entfernt habe, so Gridling in der „ZiB2“. (APA, red 04.04.2024)

Hinweis: Dieser Beitrag wurde am 04.04.2024 um 10:04 Uhr aktualisiert

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